Der EuGH-Generalanwalt hat am Mittwoch dem Gerichtshof eine Ablehnung der Klage Österreichs gegen die neue deutsche Pkw-Maut empfohlen. Der Umstand, dass Haltern von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen eine Steuerentlastung bei der deutschen Kfz-Steuer zugute komme, die dem Betrag der Infrastrukturabgabe entspreche, stelle "keine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar". Das ist zumindest eine erste deutliche Niederlage Österreichs. Das EuGH-Urteil zu dem Fall (C-591/17) wird frühestens in einigen Wochen erwartet. In 80 Prozent der Fälle folgt das Urteil aber dem Schlussantrag des Generalanwalts.

Hofer überlegt deutsches Modell

Der österreichische Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) ließ bereits wissen, er werde die Anwendung des deutschen Pkw-Mautmodells für Österreich prüfen lassen, falls Österreichs Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) scheitert. Den nun veröffentlichten negativen Schlussantrag des EuGH-Generalanwalts zur Klage will Hofer im Detail prüfen. "Die Letztentscheidung liegt bei den Richtern. In der Regel folgen aber die Richter der Empfehlung des Generalsanwalts", so Hofer am Donnerstag in einer Aussendung. Wenn der EuGH erlaube, bei der deutschen Pkw-Maut ausländische Verkehrsteilnehmer stärker finanziell zu belasten und gleichzeitig deutsche Autofahrer zu entlasten, dann "sollte auch Österreich das tun", sagte Hofer. Dieses Modell könne man auch auf andere Bereiche anwenden, etwa bei Universitäts-Studiengebühren.

Der Generalanwalt räumte ein, dass die Höhe der Kfz-Steuer, die von den Fahrzeughaltern inländischer Fahrzeuge zu entrichten sei, dank der Steuerentlastung geringer sein werde als in der Vergangenheit. Aber selbst wenn die Steuerentlastung eine "Nullreduzierung" der Kraftfahrzeugsteuer zur Folge hätte, was laut Anwalt nicht der Fall sei, wäre jeder ausländische Fahrer verpflichtet, für die Benutzung deutscher Autobahnen einen Beitrag zu zahlen, der höchstens so hoch wäre wie jener, der von den Haltern inländischer Fahrzeuge zu zahlen wäre.

Nach Ansicht des Generalanwalts haben die deutschen Behörden "völlig zu Recht die Ansicht vertreten, dass erstens die Kosten des Autobahnnetzes, die bisher hauptsächlich von den Steuerzahlern getragen würden, gleichmäßig auf alle Nutzer, einschließlich der Fahrer ausländischer Fahrzeuge, aufgeteilt werden müssten. Zweitens würden die Halter inländischer Fahrzeuge einer unverhältnismäßig hohen Besteuerung unterworfen, wenn sie sowohl der Infrastrukturabgabe als auch der Kfz-Steuer unterlägen".

Zu deutschen Kontroll- und Vollzugsmaßnahmen wie stichprobenartige Überwachung, Erhebung einer Sicherheitsleistung und Untersagung der Weiterfahrt vertritt der Generalanwalt die Auffassung, dass Österreich seiner Beweislast dafür, dass diese Maßnahmen zu einer mittelbaren Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit führen würde, nicht nachgekommen sei.

Argumente abgeschmettert

Zur behaupteten Verletzung des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs stellt der Generalanwalt fest, dass Österreich im Hinblick auf eine mögliche Auswirkung der Infrastrukturabgabe auf den grenzüberschreitenden Handel keinerlei Nachweise erbracht habe. Es gebe keine Anhaltspunkte, die auf eine Behinderung des Marktzuganges hindeuten könnten. Eine Auswirkung auf die Verkehrsfreiheiten scheine daher ungewiss bzw. allenfalls mittelbar zu sein.

Darüber hinaus stehe die deutsche Infrastrukturabgabe mit zwei anerkannten Dogmen der EU-Verkehrspolitik in Einklang, wonach die Kosten im Zusammenhang mit der Benutzung von Verkehrsinfrastrukturen auf dem "Benutzerprinzip" und dem "Verursacherprinzip" beruhen. Österreich habe auch keine weniger günstige Behandlung darlegen können, die die in Rede stehenden Maßnahmen für die Fahrer ausländischer Fahrzeuge bedeuten würden.