Der deutsche Industriekonzern Siemens zögert nach den Worten von Vorstandschef Joe Kaeser derzeit mit der Annahme eines milliardenschweren Kraftwerksauftrags aus Saudi-Arabien. "Es ist nichts unterzeichnet", sagte Kaeser dem "Handelsblatt" in einem am Montag veröffentlichten Interview.

Kaeser hatte im Herbst wochenlang gezögert, ob er wegen der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi einen Auftritt in Saudi-Arabien absagen sollte, um den lukrativen Auftrag nicht zu gefährden. "Im Moment sind wir diejenigen, die den Prozess aufhalten", sagte der Siemens-Chef der Zeitung.

Es gehe nicht nur um einen Auftragswert von vielleicht 20 Milliarden Dollar (17,6 Milliarden Euro), sondern auch um rund 10.000 Arbeitsplätze vor allem in Deutschland, sagte Kaeser. Siemens gehe es nicht um Profitgier. "Das Thema ist komplex, und die Abwägung von Werten gegen Interessen ist schwierig, wenn man für so viele Menschen verantwortlich ist."

2000 Siemens-Beschäftigte in Saudi-Arabien

Der regierungskritische Journalist Khashoggi war Anfang Oktober bei einem Besuch im Konsulat des Landes in Istanbul getötet worden. Daraufhin hatten zahlreiche Manager aus dem Ausland den Besuch einer Konferenz in Riad aus Protest abgesagt, letztlich auch Kaeser. Zu einer Konferenz des Staatskonzerns Saudi Aramco wenige Wochen später reiste er aber.

Siemens baut in Saudi-Arabien unter anderem an der U-Bahn in der Hauptstadt Riad. Der deutsche Konzern beschäftigt in dem Land 2.000 Menschen.