Die Deutsche Bahn und die Eisenbahn und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben nach schwierigen Verhandlungen einen Tarifabschluss erreicht - neue Streiks der Gewerkschaft sind damit abgewendet. Vereinbart wurden "attraktive Lohnerhöhungen", wie Bahn-Personalvorstand Martin Seiler am Samstag in Berlin sagte. In zwei Stufen summieren sich diese auf insgesamt 6,1 Prozent.

Mit der in der Nacht auf Samstag erreichten Einigung nach viertägigen Verhandlungen steigen die Löhne in zwei Stufen: zunächst um 3,5 Prozent mit 1. Juli 2019, danach um 2,6 Prozent mit 1. Juli 2020. Bis zur Tariferhöhung im kommenden Sommer wird zudem eine Einmalzahlung von tausend Euro gezahlt.

"Dieser hohe Betrag stellt für uns eine wichtige soziale Komponente für die unteren Lohngruppen dar", betonte EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch-Ziemba. "Unsere Kolleginnen und Kollegen sorgen an 365 Tagen im Jahr, rund um die Uhr, auch unter erschwerten Bedingungen dafür, dass die Eisenbahn funktioniert." Erreicht worden sei nun ein "ausgewogenes Ergebnis".

Freizeit statt Geld

Darin enthalten ist auch die Möglichkeit für Beschäftigte des deutschen Staatskonzerns, zum 1. Jänner 2021 anstelle der zweiten Stufe der Lohnerhöhung mehr Freizeit beziehungsweise Urlaub zu wählen. Zudem sieht die Einigung auch eine Erhöhung des Arbeitgeberbeitrags zur betrieblichen Altersvorsorge, Verbesserungen bei der Vergütung von Nachwuchskräften wie Azubis oder dual Studierenden und eine grundlegende Modernisierung der Tariflandschaft im Unternehmen vor.

"Unser Warnstreik hat eindeutige Signale gesendet", erklärte Rusch-Ziemba. Die EVG hatte am Montag in der Früh mit deutschlandweiten Arbeitsniederlegungen ihren Forderungen Nachdruck verliehen. Das führte auch zu Verspätungen und Ausfällen im Fernverkehr zwischen Deutschland und Österreich. Am Mittwoch hatte die Gewerkschaft dann ihre Verhandlungen mit der Bahn fortgesetzt.

Der Abschluss sei ein "wichtiges Zeichen der Wertschätzung für unsere Belegschaft", erklärte Bahn-Personalvorstand Seiler. Nun könne sich die Bahn mit ganzer Kraft darauf konzentrieren, bei Qualität und Pünktlichkeit besser zu werden.

Keine weiteren Streiks

Mit der Tarifeinigung mit der EVG werde es keine weiteren Streiks seitens der EVG geben, fügte er bei einer Pressekonferenz in Berlin hinzu. "Und natürlich auch nicht vor Weihnachten."

Der Warnstreik der EVG hatte den Fernverkehr der Deutschen Bahn am Montag zeitweise komplett lahmgelegt und zu erheblichen Einschränkungen für Reisende geführt.

Weiter ungelöst ist indes der Tarifstreit der Bahn mit der Lokführergewerkschaft GDL. Dort hatte sich der Ton zuletzt verschärft: GDL-Chef Claus Weselsky warf der Bahn inakzeptables Verhalten vor und erklärte die Verhandlungen am Freitag für gescheitert.

Zudem drohte er mit streikähnlichen Folgen - es könne durchaus sein, dass die Kollegen, "die Hunderte Überstunden vor sich herschieben, nunmehr von ihrem Recht Gebrauch machen, in Freizeit zu gehen", sagte er in Eisenach. "Dass das eventuell Auswirkungen hat, die einem Streik vergleichbar sind, ist nicht unsere Schuld."

Streiks bis Ende des Jahres hatte die GDL aber ausgeschlossen. Ohnehin müsste dafür eine der beiden Verhandlungsparteien zuvor eine Schlichtung beantragen. Erst wenn diese scheitert, kann zu Streiks aufgerufen werden.