Die Steiermark wird auch als Autoland bezeichnet. Wie sehen Sie als Autohersteller die Region?

Albrecht Reimold: An die Steiermark, speziell an Graz, habe ich sehr gute Erinnerungen. Wir haben schon oft mit Magna kooperiert und da fällt auf, dass es hier einen Cluster für Fahrzeugtechnik gibt. Überhaupt ist Österreich eng mit dem Automobilbau verbunden. Die sogenannte „Nummer 1“ war das erste unter dem Namen Porsche gebaute Fahrzeug. Es entstand rund 150 Kilometer westlich von hier in Gmünd.

Sie waren für das VW-Werk in Bratislava zuständig. Wo liegt der Unterschied zur Steiermark?

Interessant sind die Gemeinsamkeiten: Bratislava produziert für sechs Marken im Volkswagen-Konzern und Magna ist ebenso ein Multibrand-Player. Technologisch gibt es da keine Unterschiede. Die Kostenstruktur ist natürlich anders. In der Slowakei sind die Durchschnittslöhne niedriger als in Österreich.

In Bratislava wird der Cayenne gebaut mit einem Dieselmotor von Audi. Deshalb ist auch Porsche vom Dieselskandal betroffen. Verstehen sie die Enttäuschung der Kunden?

Das muss man verstehen. Als Fahrzeughersteller übernimmt Porsche die Verantwortung gegenüber den Kunden – auch wenn Porsche selbst keine Diesel-Motoren entwickelt und produziert. Wir haben uns als Vorstand bei unseren Kunden dafür entschuldigt. Insbesondere ist uns wichtig: Wenn es etwas gibt, was nicht in Ordnung ist, dann packen wir das an.

Trotz der Stickoxid-Debatte gilt der Diesel wegen des geringen CO2-Ausstoßes als klimafreundlich. Porsche verbaut den Diesel in Hoch-PS-Autos. Ist das für das Klima nicht kontraproduktiv?

Für Kunden, die lange Strecken fahren, ist ein Diesel in seiner heutigen Konfiguration die richtige Technologie. Er ist effizient und emissionsarm und leistet einen wertvollen Beitrag, CO2-Emissionen zu reduzieren. Mittelfristig sind Diesel zur Erreichung der CO2-Ziele erforderlich. Es gibt nicht den geringsten Grund, den Diesel zu verteufeln. Bei Porsche spielt der Diesel allerdings traditionell eine untergeordnete Rolle, der Anteil liegt derzeit bei 14 Prozent. In den nächsten zehn Jahren wird Porsche weiter optimierte Verbrennungsmotoren, Plug-in-Hybridmodelle und rein elektrisch betriebene Sportwagen parallel anbieten.

Elektromobilität ist also auch bei Porsche ein Thema?

Absolut, 2019 werden wir den ersten rein elektrisch betriebenen Porsche auf den Markt bringen. Und wir gehen davon aus, dass in acht Jahren bis zu 25 Prozent der Porsche-Modelle mit einem E-Motor ausgestattet sind. Schon heute bieten wir in unserer Modellpalette insgesamt vier Plug-in-Hybridfahrzeuge beim Panamera an, kommendes Jahr wird ein Hybridmodell beim Cayenne dazukommen. Das Top-Modell in der Panamera-Baureihe ist ein Hybridfahrzeug mit 685 PS Systemleistung.

Beim Automobilkongress „Autocontact“ war der Produktions-Vorstand von Porsche, Albrecht Reimold, der Star-Redner
Beim Automobilkongress „Autocontact“ war der Produktions-Vorstand von Porsche, Albrecht Reimold, der Star-Redner © ACStyria

Hohe PS, dafür steht Porsche. Doch E-Autos sollen ja sparsam sein. Wie passt PS-stark und Elektro zusammen?

Das passt sehr gut zusammen. In der Stadt fahren Sie mit dem E-Motor emissionsfrei und auf der Langstrecke nutzen Sie den Verbrennungsmotor im idealen Wirkungsbereich. Das ist hocheffizient. Persönlich fasziniert mich beim E-Fahrzeug, dass das volle Drehmoment von Beginn an zur Verfügung steht. In der Slowakei hatte ich ein E-Auto als Dienstfahrzeug für die Stadt. Ich war restlos begeistert und mit den 150 km Reichweite bin ich locker zurechtgekommen.

Tesla baut eine Ladeinfrastruktur. Will auch Porsche sich im Infrastrukturbereich engagieren?

Das tun wir bereits. Bei unserem Elektro-Porsche steht dank 800 Volt Systemspannung in etwa 15 Minuten erneut eine Reichweite von 400 Kilometer zur Verfügung. Damit zum Start des Fahrzeugs ein entsprechendes Netzwerk steht, haben Porsche und Audi in einem Joint Venture für die Schnellladeinfrastruktur mit Daimler, BMW und Ford die Federführung für den VW-Konzern übernommen. Unser Ziel ist es, in einem ersten Schritt mehr als 400 Ladestationen an den Hauptverkehrsstrecken Europas zu errichten.

Großes Thema sind selbstfahrende Autos. Gibt es irgendwann den autonomen Porsche, der auf der deutschen Autobahn mit 200 km/h fährt?

Ein Porsche wird immer ein Fahrzeug sein, das man selbst fahren möchte und selbst fahren kann. Aspekte des autonomen Fahrens sind aber auch bei uns ein Thema: Stauassistenten oder automatisches Einparken zum Beispiel. Auf das Lenkrad werden wir wohl nie verzichten. Denn der typische Porsche-Kunde will seinen Wagen auch mal im Grenzbereich nutzen, eventuell mit Hilfe einer App für die Rennstrecke.