Nachdem eine Abstimmung über eine Resolution zum umstrittenen EU-Handelsabkommen mit den USA (TTIP) im Juni überraschend vertagt wurde, will das EU-Parlament diese am morgigen Mittwoch nun nachholen. Sozialdemokraten und Europäischer Volkspartei (EVP) wollen sich auf einen Kompromissvorschlag einigen. Den österreichischen SPÖ-Delegationsmitgliedern geht dieser nicht weit genug, sie kündigten am Dienstag an, dagegen zu stimmen.

Kritik an Investorenschutz

Im Zentrum der Kritik stand zuletzt der Investorenschutz mittels privater Schiedsgerichte (ISDS), weil befürchtet wird, nationales Recht könnte durch deren Entscheidungen aushebelt werden. Der vom sozialdemokratischen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz vorgelegte Kompromiss spricht nun davon, dass "das ISDS-System durch ein neues System zur Streitbeilegung zwischen Investoren und Staaten ersetzt werden soll". Darin sollten "in einem öffentlichen Auswahlverfahren eingesetzte, unabhängige, professionelle Richter in öffentlichen Verfahren" entscheiden. Ebenfalls vorgesehen ist ein Berufungsmechanismus.

Der österreichischen SPÖ-Delegation geht diese Formulierung nicht weit genug, sie wird daher am Mittwoch gegen die Resolution stimmen, sagte Delegationsleiterin Evelyn Regner am Dienstag vor Journalisten in Straßburg. "Wir fordern seit Monaten eine klare Ablehnung von ISDS. Wenn dieser Kompromiss jetzt nur irgendeine Hintertür dafür offen lässt, können wir dem nicht zustimmen", so Regner. Aber immerhin habe der Widerstand in mehreren Ländern - darunter federführend auch Österreich - zu klaren Verbesserungen geführt. Sie hoffe, dass die EU-Kommission diese kritischen Stimmen bei ihren Verhandlungen im Hinterkopf behalte, sagte Regner.

Rechtlich nicht bindende Resolution

Das EU-Parlament stimmt vorerst lediglich über eine rechtlich nicht bindende Resolution zu TTIP ab, die der EU-Kommission die Position der Abgeordneten zeigen soll. Damit hofft das EU-Parlament, die laufenden Verhandlungen zwischen EU-Handelskommissarin Cecila Malmström und den USA zu beeinflussen. Um in Kraft treten zu können, braucht TTIP, einmal ausverhandelt, nämlich deren Zustimmung. Zumindest die Resolution dürfte am morgigen Mittwoch aber grünes Licht bekommen, glaubt der SPÖ-Europaabgeordnete Eugen Freund: "Es sind alle EVPler, alle ALDE-Mitglieder und die Mehrheit der europäischen Sozialdemokraten dafür."

Kritik von Grünen und FPÖ

Kritik kam am Dienstag aber weiterhin von den Grünen sowie den Rechts- und Linksfraktionen, deren Abgeordnete vielfach mit "Stop-TTIP"-T-Shirts und -Schildern im Plenum erschienen sind. Die Kompromissformulierung von Schulz sei zwar "wohlfeil", sagte etwa der Grünen-Abgeordnete Michel Reimon, "nur wird am Schluss nicht das kommen, was da drinnen steht". Er hätte sich eine Passage gewünscht, in der klar stehe, "wir lehnen den Investitionsschutz ab". Dem stimmte in seltener Einigkeit auch der FPÖ-Abgeordnete Franz Obermayr zu. "Wenn ISDS drinnen steht, können wir das nicht unterstützen", sagte er.

Erfreut zeigte sich neben den NEOS vor allem auch die ÖVP. Mit dem Kompromiss liege nun eine Formulierung vor, mit der man "den Menschen Ängste und Sorgen" vor TTIP nehme, betonte ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas. "Wir brauchen eine globale Wirtschafts- und Sozialordnung und dafür ist das Handelsabkommen ein wichtiger erster Schritt." Fest steht für ihn, dass die Resolution weiterhin einen Investorenschutz beinhaltet, egal wie vage die Formulierung gewählt ist: "Wenn die Sozialdemokraten diese Formulierung brauchen, um festzustellen, dass das ein Investorenschutz ist, ohne es zuzugeben, soll mir das recht sein."