Sehr kritisch sieht man den Vorstoß von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) im Lebensmittelhandel. Marterbauer erwägt staatliche Preiseingriffe um die Inflation abzumildern. „Wir brauchen jetzt keine Symbolpolitik, sondern eine sachliche Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Ursachen der Inflation“, betont Christian Prauchner, Obmann des Bundesgremiums Lebensmittelhandel in der Wirtschaftskammer. Die Preisbildung bei Lebensmitteln beginnt nicht erst im Handel, sondern bereits in den vorgelagerten Stufen der Wertschöpfungskette – in der Landwirtschaft, der Verarbeitung, der Logistik sowie auf den internationalen Rohstoffmärkten. In all diesen Bereichen kommt es aktuell zu Verwerfungen und Kostensteigerungen. „Der Lebensmittelhandel ist von diesen Entwicklungen betroffen, aber keineswegs deren Verursacher“, so Prauchner. Er verweist u. a. auf den Rindfleischmarkt, wo es im Vergleich zum Vorjahr zu einem Anstieg von 52,7 Prozent beim durchschnittlichen Auszahlungspreis der Schlachthöfe für Schlachtkühe gekommen sei. Gründe liegen in den gesunkenen Tierbeständen in Europa, steigenden Produktionskosten sowie Krankheitsausbrüchen.

Auch Rohstoffe wie Kaffee, Kakao oder Orangensaftkonzentrat haben sich deutlich verteuert, das seien globale Entwicklungen, die auch Österreich treffen. Die durchschnittliche Gewinnmarge im österreichischen Lebensmittelhandel liege, so Prauchner, zudem bei unter 1,5 Prozent. Er verweist auch auf die Untersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde, die Ende 2023 präsentiert wurde. Dabei habe es „keinerlei Hinweise auf Übergewinne oder Margenerhöhungen im Lebensmittelhandel im Zuge der Teuerung“ gegeben.

„Mit Nahversorgung nicht politisch achtlos umgehen“

„Staatliche Eingriffe in die Preispolitik des Lebensmittelhandels gefährden den regionalen Bezug von hochqualitativen Nahrungsmitteln für die österreichische Bevölkerung sowie 140.000 gut bezahlte Jobs. Mit der Nahversorgung sollte politisch nicht achtlos umgegangen werden“, betont auch Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands. Österreichische Händler seien keine Verursacher, sondern selbst Betroffene der Teuerungskrise gewesen, so Will, der ebenfalls auf den BWB-Bericht Bezug nimmt. Der österreichische Lebensmittelhandel sichere „mit 9400 Verkaufsstandorten die wohnortnahe Versorgung der rund neun Millionen Menschen, die in Österreich leben – von den Ballungszentren bis ins letzte Alpental“, wird betont.

„Außerdem stützt er mit über 140.000 Arbeitsplätzen und mit 31,5 Milliarden Euro Umsatz den Wirtschaftsstandort“, so Will. „Österreich muss die Kosten senken und die Bevölkerung entlasten, hier warten wir auf große Würfe. Das ungarische Modell einer Handelsspannen-Obergrenze bei Grundnahrungsmitteln ist nicht die Lösung, sondern vielmehr Teil des Problems. Derartige Eingriffe bedeuten nur, dass die Kunden weniger Auswahl und geringere Qualität vorfinden – ungarische Verhältnisse sollten wir im Sinne unserer Bevölkerung vermeiden.“

Prauchner verweist wiederum auf Spanien: Minister Marterbauer habe Spanien als Beispiel für erfolgreiche Preispolitik genannt. „Dieser Vergleich hält einer genaueren Betrachtung jedoch nicht stand. Spanien hat nicht in Lebensmittelpreise eingegriffen, sondern lediglich die Mehrwertsteuer auf rund 40 Grundnahrungsmittel befristet ausgesetzt. Wesentliche Entlastungen ergaben sich in erster Linie durch Maßnahmen im Energiesektor, etwa durch die Entkoppelung des Strompreises vom Gaspreis.“