Der verschuldete Immobilienentwickler China Evergrande soll abgewickelt werden. Das hat ein Gericht in Hongkong am Montag angeordnet und damit ein mehr als zwei Jahre währendes Tauziehen um das mit über 300 Milliarden Dollar verschuldete Unternehmen beendet. „Genug ist genug“, sagte Richterin Linda Chan. Das Immobilienunternehmen habe es nicht geschafft, einen konkreten Restrukturierungsplan vorzulegen.

Die chinesische Immobilienkrise dürfte nach Einschätzung des deutschen China-Wissenschafters und Ökonomen Markus Taube für Peking aber dennoch beherrschbar bleiben und nicht zu einer internationalen Finanzkrise führen. „Ich sehe das ganz große Drama momentan noch nicht“, sagte Taube am Montag auf Anfrage. „Es gibt ein beträchtliches Ausmaß an Verschuldung der chinesischen Unternehmen, aber ich halte das für vergleichsweise unproblematisch.“

„Ein Großteil der Schulden ist sowieso bei inländischen Gläubigern und nicht im Ausland platziert“, sagte Taube dazu. „Das macht es deutlich weniger brisant. Wir haben in China keine freie Marktwirtschaft, sondern eine staatlich gesteuerte, und die Partei hat die Zügel in den vergangenen Jahren noch weiter angezogen.“ Spekulanten seien nicht in der Lage, „irgendwie gegen die Regierung zu wetten“.

Kein Einbruch der Verkaufspreise

Der Immobiliensektor in den größeren chinesischen Städten zeige keinen wirklichen Einbruch der Verkaufspreise, „sondern die Wachstumsraten sind gesunken“, sagte Taube. „Wir haben keinen so riesigen Einbruch wie beim Platzen der japanischen Immobilienblase Ende der 1990-er Jahre.“ Im chinesischen Immobiliensektor sei außerdem deutlich weniger Kapital aus anderen Wirtschaftszweigen gebunden als damals in Japan, so Taube. „Ich würde daher nicht davon ausgehen, dass die chinesische Volkswirtschaft kollabiert.“

„Ein Großteil der Schulden ist sowieso bei inländischen Gläubigern und nicht im Ausland platziert“, sagte Taube dazu. „Das macht es deutlich weniger brisant. Wir haben in China keine freie Marktwirtschaft, sondern eine staatlich gesteuerte, und die Partei hat die Zügel in den vergangenen Jahren noch weiter angezogen.“ Spekulanten seien nicht in der Lage, „irgendwie gegen die Regierung zu wetten“.

Firmen in China nicht tangiert

Die chinesische Regierung habe sich klar positioniert und eine Hierarchie aufgebaut, welche Schulden zuerst bedient würden. Der schlimmste Ausfall komme auf ausländische Unternehmen zu, die etwa hochverzinsliche Ramschanleihen gekauft hätten, sagte der Ökonom.

Das Hongkonger Gerichtsverfahren betreffe zudem nur die in Cayman Islands registrierte und an der Hongkonger Börse notierte Unternehmenseinheit. „Eine ganze Reihe von in China registrierten Tochtergesellschaften sind nicht direkt tangiert“, sagte der Wissenschafter. Die Sanierungsexperten von Alvarez & Marsal sollen das Unternehmen nun liquidieren. Doch inwieweit und wann sie überhaupt Zugriff auf das Geschäft von Evergrande im chinesischen Kernland bekommen, ist ungewiss.

„Operatives Geschäft in China nicht berührt“

China-Evergrande-Chef Siu Shawn sagte chinesischen Medien, das Unternehmen werde seine Wohnungsbauprojekte trotz der Abwicklungsanordnung fertigstellen. Das operative Geschäft in China und außerhalb sei davon nicht berührt. Richterin Chan erklärte, die Berufung eines Abwicklers sei im Interesse aller Gläubiger. Denn dieser könne die Verantwortung für einen neuen Sanierungsplan übernehmen. Gegen Evergrande-Gründer Hui Ka Yan wird seit September ermittelt.

Symbol der Schuldenkrise

Evergrande war vor gut zwei Jahren mit der Bedienung seiner Auslandsschulden von 23 Milliarden Dollar (aktuell rund 21 Milliarden Euro) in Verzug geraten und damit zum Symbol der Schuldenkrise in Chinas Immobiliensektor geworden. Die Entscheidung, den Konzern mit Vermögenswerten von umgerechnet 240 Milliarden zu liquidieren, dürfte die angeschlagenen chinesischen Kapital- und Immobilienmärkte weiter erschüttern. „Die Liquidierung von Evergrande ist ein Zeichen, dass China bis zum Äußersten geht, um die Immobilienblase in den Griff zu bekommen. Das ist langfristig gut für die Konjunktur, kurzfristig aber sehr schwierig“, sagte Andrew Collier von Orient Capital Research in Hongkong.

Unruhe an den Börsen

Die Aktien des Unternehmens wurden vor der Anhörung mit einem Minus von bis zu 20 Prozent gehandelt. Der Handel mit China Evergrande und seinen börsennotierten Tochtergesellschaften New Energy Vehicle Group und Evergrande Property Services wurde nach dem Urteil eingestellt.