"Es ist ein Modell, das der Künstler Gustav Troger von seiner Idee des Kirchturms angefertigt hat, neben meinem Bett gestanden. Da hat es mich abgebeutelt“, erzählt der damalige Feldbacher Pfarrer Monsignore Johann Leopold von Gefühlen, die auch viele andere teilten: Bis zum Kirchenaustritt reichten die Drohungen, würde die bunte Bemalung des im Jahr 1964 in Beton errichteten und im Volksmund als „Seelenabschussrampe“ bekannten 72 Meter hohen Campanile tatsächlich umgesetzt.
Bald aber konnten sich Leopold und die Bevölkerung mit der Vision Trogers, er wolle „die bunte Vielfalt des Glaubens und der Pfarre darstellen“ anfreunden und rund 30 junge Leute nahmen selbst unter Anleitung Trogers Farbkübel und Pinsel in die Hand. Ingrid Schelch, damals 37 Jahre alt, erinnert sich an die Bemalung der rund 10.000 Felder in 36 „reinen Farben“ im Sommer 1987: „Wir waren ungefähr 30 Leute auf einem Gerüst, das nur aus ein paar Bretteln bestand, wir mussten mit Farbkübel und Pinsel hinaufklettern. Essen erhielten wir im Pfarrhof, dabei ist eine unglaubliche Gemeinschaft entstanden.“ Auch Christine Ladenhauf erinnert sich an die große Begeisterung der „Maler“, die drei Wochen lang Hand anlegten.
Aufregung rund um den Kirchturm (um 1900 war der erste barocke Turm durch ein sehr schlankes Exemplar ersetzt worden) war man damals in Feldbach aber längst gewöhnt: In den letzten Kriegstagen 1945 mutwillig gesprengt, wurde von 1961 bis 1964 der Plan eines schmucklosen, frei stehenden Kirchturms aus Beton umgesetzt.
Zwiespältig
Mit dabei war Anfang der 60er-Jahre Josef Leitgeb als Baupolier, der mithalf das damals noch völlig neue Bauverfahren in Beton mit Gleitschalung umzusetzen. „Es war das erste größere Bauwerk, das ohne Unterbrechung hochgezogen wurde“, weiß Eduard Röck. Obwohl Beton damals hoch in Mode war und für die Ewigkeit bestimmt schien, erinnern sich Karlmann Prassl und Josef Fink, dass die Feldbacher dem Turm, der auf riesigen und weitverzweigten Fundamenten ruht, sehr zwiespältig gegenübergestanden seien. „Schließlich aber waren wir froh, dass wir endlich wieder einen Kirchturm gehabt haben und die Glocken hinaufgekommen sind“, meint Prassl, der ebenso wie Fink und Leitgeb noch den Schrecken vor Augen hat, als man bei der Heimkehr aus dem Krieg Feldbach ohne Kirchturm erleben habe müssen.
Für den heutigen Feldbacher Dechant Friedrich Weingartmann hat der Kirchturm eine eigene Bedeutung: „Ich habe zum Turm eine persönliche Beziehung, weil er gleich alt ist wie ich.“ Gefeiert wird das Jubiläum „50 Jahre Kirchturm“ zur Würdigung der damaligen Leistungen mit einer Orgelwoche, die am 2. November beginnt (Info-Box).
Zeichen der bunten Vielfalt im Glauben
Vor 50 Jahren wurde der neue Feldbacher Kirchturm, damals noch schmucklose Betonarchitektur, geweiht. Zum Wahrzeichen wurde er 1987 durch seine vielfärbige Bemalung.
© Trummer