Knapp vier Stunden lang hatte der Judenburger Gemeinderat am Donnerstagabend (15. Dezember) bereits getagt, als die Oppositionsparteien ÖVP, FPÖ, Grüne und KPÖ die politische Bombe platzen ließen: Sie beantragten geschlossen die Auflösung des Gemeinderates und forderten somit Neuwahlen in der Bezirkshauptstadt. Der Dringlichkeitsantrag war bis zuletzt vor der mit absoluter Mehrheit regierenden SPÖ um Bürgermeisterin Elke Florian geheim gehalten worden.

Anlass für den Antrag war ein außerordentlich kritischer Prüfbericht der Gemeindeaufsicht hinsichtlich der Judenburger Finanzen. Wie von der Kleinen Zeitung in den vergangenen Tagen exklusiv berichtet, ist darin unter anderem von einer "äußerst prekären" Budgetlage, diversen Fehlern, Lücken und Unklarheiten bei der Finanzverwaltung, rechtswidrigem Verhalten und fehlenden Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung die Rede. Zudem wird darauf hingewiesen, dass ein Großteil der Kritikpunkte eines früheren Prüfberichts aus dem Jahr 2016 nicht behoben worden sind.

"Bekommt Finanzproblematik nicht in den Griff"

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Brugger schlussfolgerte bei der Sitzung, die SPÖ sei nicht in der Lage, die Finanzproblematik in den Griff zu bekommen – und brachte im Namen der gesamten Opposition den Auflösungsantrag ein. Den Sozialdemokraten waren Überraschung und Verärgerung in die Gesichter geschrieben. Stadtchefin Florian kommentierte knapp: "Habe ich die Opposition richtig verstanden, dass sie in dieser Situation den Gemeinderat auflösen will? Alles klar."

Andreas Brugger (ÖVP)
Andreas Brugger (ÖVP) © Raphael Ofner

In der Folge wurde die Sitzung unterbrochen, die SPÖ-Abgeordneten zogen sich vorübergehend zurück. Unterdessen konfrontierten im Sitzungssaal anwesende Gemeindebedienstete einige Oppositionspolitiker mit Kritik. Das Kernargument: Der Prüfbericht behandelt größtenteils die Regierungszeit von Florians Vorgänger Hannes Dolleschall (ebenfalls SPÖ). Die seit Juni 2022 amtierende neue Stadtchefin sorge indes für einen anderen Stil, gehe auf die Opposition zu und habe eine lückenlose Aufklärung der Verfehlungen zugesagt. Ähnliches ist auch aus SPÖ-Kreisen zu hören. Zudem sei nun "die Zeit zum Abarbeiten der Kritikpunkte und nicht für Verzögerungen durch Wahlen".

Lob für Elke Florian

Im Laufe der Sitzung hatten zwar auch mehrere Oppositionspolitiker Lob für Florian übrig – stimmten später aber trotzdem für die Auflösung des Gemeinderates. "Wir haben sonst keine Mittel, zu zeigen, dass es so nicht weitergeht", sagte Verena Sailer (Grüne) mit Blick auf die Versäumnisse der vergangenen Jahre. Die Darstellung der Opposition: Der Schritt richte sich nicht gegen die neue Stadtchefin, man müsse aber ein Zeichen setzen.

Verena Sailer (Grüne)
Verena Sailer (Grüne) © Raphael Ofner

Unmittelbare Auswirkungen hat der Vorstoß jedenfalls nicht: Die SPÖ stimmte geeint gegen den Antrag. Somit kommt es weder zu einer Auflösung des Gemeinderats noch zu Neuwahlen. Offen ist indes, inwieweit sich die Beziehungen zwischen der SPÖ und der Opposition wegen des umstrittenen Antrags abkühlen werden. Die Bürgermeisterin wollte davon nach der Sitzung nichts wissen. Das Angebot zur Zusammenarbeit bleibe aufrecht. Zitat: "Wir stehen zu unserem Wort."