Rund um einen Spendenaufruf für Hinterbliebene des Amoklaufs von Graz ist nach Recherchen der Magazine „Datum“ und „Profil“ Betrugsverdacht aufgekommen. Es geht um mehr als 37.000 Euro, die auf der Plattform „GoFundMe“ von einer angeblichen Hinterbliebenen gesammelt worden sind. Laut den Nachforschungen der beiden Medien soll es sich aber um eine Betrügerin handeln. Die Landespolizeidirektion Steiermark bestätigte am Mittwoch entsprechende Ermittlungen.
In den Artikeln, die am Mittwoch nahezu zeitgleich veröffentlicht wurden, wird der Frage nachgegangen, wer tatsächlich hinter dem ominösen Spendenaufruf mit dem Namen „Amoklauf Graz – Hilfe für Hinterbliebene und Betroffene“ steckt. Ausgangspunkt waren Hinweise an „Datum“, wonach es sich bei der Aktion um eine vermeintliche Fake-Initiative nach dem Amoklauf handeln soll. Ein Journalist stieß im Zuge der Recherchen auf die mutmaßliche Täterin, die bereits Monate zuvor gegenüber „Profil“ von einem angeblichen Betrug bei einem offenbar ehemaligen Arbeitgeber, einem Parkhaus-Betreiber, berichtet haben soll.
Auch Prominente spendeten an mutmaßliche Fake-Aktion
Beide Häuser haben die Hintergründe zur Frau zusammengetragen, nachdem sich „Datum“ bei „Profil“ wegen dessen Kontakte zu tatsächlichen Hinterbliebenen des Grazer Amoklaufs gemeldet hatte. Gemeinsam kam man so zum Schluss, dass die Organisatorin des Spendenaufrufs in Wahrheit eine amtsbekannte Betrügerin sein soll. „Profil“ hat sie am Tag vor der Veröffentlichung mit den Vorwürfen konfrontiert – die Frau soll alles abgestritten haben.
Fakt ist: Seit dem 11. Juni sind exakt 37.262 Euro von 623 Personen oder Organisationen im Zuge des Aufrufs gespendet worden, zuletzt erst Anfang September. Auch Prominente sollen bis zu 1000 Euro überwiesen haben. Vom gesammelten Geld sollen gerade einmal 2.126 Euro an tatsächliche Hinterbliebene – teils dubios in Form von Bargeld in Umschlägen – übergeben worden sein, wie auch „Datum“ berichtet.
Vermeintliche Organisatorin bereits amtsbekannt
Wo der Rest der Spenden geblieben ist, ist demnach unklar. Angeblich soll das Geld an das Rote Kreuz und an Moscheen gegangen sein – obwohl auf „GoFundMe“ behauptet wird, dass es sich um den einzigen Spendenaufruf handle, „der direkt und nachweislich zu den Hinterbliebenen zurückzuführen ist“.
Laut den Berichten soll die Betroffene bereits seit zehn Jahren amtsbekannt sein – laut „Profil“ unter anderem wegen Betrug, schwerem Betrug, Urkundenfälschung oder Einmietbetrügerei. Zwischenzeitlich soll die Österreicherin mit bosnischen Wurzeln auch einen Suizid vorgetäuscht haben.
Polizei ermittelt gegen Frau nach Amoklauf in Graz
Der mutmaßliche Spenden-Betrug dürfte durch Bewerbung über soziale Netzwerke so erfolgreich geworden sein – vor allem, weil die Initiatorin mittels mehrerer falscher Profile unter der Angabe von erfundenen Namen Werbung dafür gemacht haben soll. Viele Hinterblieben haben erst durch die medialen Recherchen von der Aktion erfahren. Kaum einer soll laut den beiden Medien tatsächlich Spenden erhalten haben, zwei offenbar erst im Zuge der Nachforschungen, die das komplexe Lügen-Konstrukt aus Schein-Identitäten und dem vereinzelten Benutzen echter Hinterbliebenen-Namen, aufzudecken drohten.
Die Polizei hat laut eigenen Angaben nun Ermittlungen eingeleitet, wolle und könne vorerst aber aus taktischen Gründen keine Details nennen, hieß es am Mittwoch auf APA-Nachfrage.
Amoklauf-Spendenkonto der Stadt Graz weiter aktiv
Nach dem Amoklauf am 10. Juni hat auch die Stadt Graz ein Spendenkonto eingerichtet. Dabei handelt es sich um den offiziellen Hilfskanal der steirischen Landeshauptstadt. Auf das Konto sind bis Juli rund 228.000 Euro eingegangen, wie die Pressestelle der Stadt im Sommer mitteilte. Das Geld wird auf das Spendenkonto des Elternvereins der Schule weitergeleitet. Damit sollen vor allem Kosten, die durch das Opferschutzgesetz, den Opferschutzfonds und andere Unterstützungseinrichtungen nicht abgedeckt sind, verwendet werden. Das Spendenkonto bleibe auch weiterhin erhalten, weitere Spenden seien willkommen, hieß es seitens der Stadt Graz. Die Verwendung der Gelder sowie die Einhaltung der Richtlinien werden kostenlos durch ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen kontrolliert.
Bei dem Amoklauf eines 21-jährigen, ehemaligen Schülers des BORG Dreierschützengasse wurden im Frühsommer neun Jugendliche und eine Lehrerin getötet. Der Schütze beging Suizid.