Als langjährige Grazerin oder Grazer ist man ja viel zu oft am Boden der Tatsachen unterwegs und vergisst darauf, wie schön die Stadt von oben ist. Ganz besonders abends, wenn man einen Fensterplatz im Schlossbergrestaurant ergattert, der ausblicktechnisch durchaus mit internationalen Rooftop-Lokalen mithalten kann. Das wäre jedenfalls ein Grund, einmal wieder zum Abendessen den Berg zu erklimmen. Der andere wäre, dass das Lokal bei der Bergstation der Schloßbergbahn (Achtung: Berg und Bahn mit scharfem ß, Lokal international mit Doppel-s) sich eine zusätzliche neue Küchenlinie verordnet hat: Küchenchef Markus Meichenitsch und Restaurantleiter Marco Pichler tischen zusätzlich zu den Klassikern auf der Karte wie Schnitzel und Zwiebelrostbraten eine „Hommage an unsere Heimatküche“ auf (von der Hendl-Einmachsuppe bis zum Milchrahmstrudel) auf, abends gibt es ein viergängiges Signature-Menü (72 Euro).

Die vier neuen Gänge lassen wir uns nicht entgehen, davor werden wir aber nett aus der Küche gegrüßt (Gedeck: 5,50 Euro) – Krustenbrot, Aufstriche und ein kleines Glas mit Rohnen und Getreide machen schon einmal Lust auf mehr. Danach kann es gleich mit einem feinen Starter weitergehen: Gebeitzter Alpensaibling (21 Euro als Sologericht) versteckt sich unter Kren Rotkraut und trifft auf kleine Klekse von einem Apfelpürree mit Glühweinaroma. Es folgt ein „Rosenraviolo“ (19 Euro als Sologericht) aus mariniertem Fenchel in Rosenform angerichtet, serviert in einer Krustentier-Bisque und mit einem Hauch Verjus. Ein Höhepunkt ist das Hauptgericht, ein Paprikahendl 2.0 (32 Euro als Sologericht), das wenig mit dem austro-ungarischen Klassiker zu tun hat: Der Paprika kommt in Form von Pimento de Padron, aber auch zusätzlich im kleinen Töpfchen als gschmackiger Gefüllter Paprika mit Hühnerfleisch-Füllung, das Hendlfleisch ist ebenfalls vom Feinsten. Das Dessert ist ein gekühlter Polenta-Flammerie (15 Euro als Sologericht) in Donut-Form – ein wohltuend nicht-zu-süßes Dessert, das auf Gurkeneis und Gurkenscheiben, Nocken aus weißer Schokolade und Tupfer aus Passionsfrucht als fruchtigen Gegenpol trifft.

Fazit: Ein Besuch am Schloßberg hat sich schon der Aussicht wegen immer gelohnt, nun hat man auch kulinarisch noch einmal ordentlich an den Schräubchen gedreht. Dazu lassen Service und Getränkeauswahl ebenfalls kaum Wünsche übrig.