Sie sind als gelernter Zimmerer und Landwirt einen spannenden Weg gegangen. Vor der Ski-WM 2013 wurden Sie Unternehmer und sind jetzt mit „Land schafft Leben“ bundesweit bekannt. Wie kam’s dazu?
HANNES ROYER: Ich bin mit 20 Jahren Geschäftsführer vom Maschinenring geworden und hab das 18 Jahre lang gemacht. Das hat mir viel gebracht, weil ich da eine Geschäftsführerausbildung machen durfte.

Wie hat sich der Schritt zum Unternehmertum dann ergeben?
Schladming hat vor der WM ein Projekt ausgeschrieben, wo es darum ging, regionale Produkte zu vermarkten. Ich hab das damals konzipiert, aber eigentlich war nie daran gedacht, dass ich das selber umsetze. Dann hat sich aber niemand gefunden, der das übernehmen wollte, also hab ich’s selber gemacht.

Was war das Konzept hinter „Heimatgold“?
Das Konzept war, einen Warenkorb zu bieten, wo Touristen und Einheimische die Möglichkeit haben, regionale Produkte zu kaufen. Jetzt gibt es Heimatgold fünf Jahre und es entwickelt sich prächtig.
Wann ist die Idee zu Ihrer Initiative „Land schafft Leben“ entstanden?
Das ist eigentlich während der Ski-WM entstanden. Ich bin im Geschäft gestanden und hab verkauft und bin draufgekommen, das selbst in unserem Bauernladen der Großteil der Kunden über den Preis einkauft. In Gesprächen hat sich dann gezeigt, dass viele Menschen keine Ahnung haben, wie Lebensmittel produziert werden. Da hab ich mir die Frage gestellt, wie wir als Bauern in die nächste Generation kommen sollen, wenn wir uns auf einem Markt bewegen, auf dem es außer dem Preis kein Kriterium gibt.

Und die Preise auf dem Weltmarkt sind wenig erfreulich.
Stimmt. Es ist letztlich egal, ob die Milch jetzt aus Irland, Neuseeland oder Australien kommt. Am Ende des Tages treffen wir uns über den Preis und über die Qualität. Wenn aber die Qualität niemand erkennt, werden wir keine Chance haben. Da hab ich erkannt, dass wir Bewusstseinsbildung betreiben müssen.

Wie läuft das?
„Land schafft Leben“ ist eine Plattform, die Landwirtschaft und Produktionsweisen herzeigt, die noch nie jemand gesehen hat. Wir sind damit europaweit nach wie vor einzigartig. Entweder gibt es Werbung, die beschönigt, oder es werden Skandale aufgezeigt. Wir zeigen die Realität her. Bei uns kann man sehen, wie Milchwirtschaft funktioniert, wie ein Schwein geschlachtet wird, aber genauso, wie die Produktion von Karotten läuft.

Die Initiative ist enorm erfolgreich und österreichweit bekannt. Wie kam es dazu?
Ich hab mich gefragt, wie läuft das eigentlich bei den großen Handelsketten wie Lidl, Hofer und Co.? Da hab ich da angerufen und gesagt, dass ich ein Bauern aus Schladming bin und gerne mit dem Generaldirektor sprechen würde. Die haben mich wohl für wahnsinnig gehalten, waren aber so verblüfft, dass ich die Termine bekommen hab. Die Unternehmer haben gemeint, dass ich mich melden soll, wenn ich eine Idee habe, wie man mehr Qualitätsbewusstsein schaffen kann.

Und diese Idee gab’s schon?
Nein, ich hab ein Jahr nachgedacht und dann 2014 alle Generaldirektoren zu mir nach Schladming eingeladen, um mein Konzept zu präsentieren. Das war spannend und intensiv, aber auch erfolgreich. Aktuell unterstützen uns 51 Unternehmen, haben wir elf hauptberufliche Mitarbeiter und eine Million Euro Budget.

Sind wir in der Region auf dem richtigen Weg?
Ich würde mir mehr Differenzierung wünschen. Zu mir kommen ganz viele junge Leute, die nach Alternativen suchen. Dazu haben wir im Bereich der Direktvermarktung einen riesigen Aufholbedarf. Es fehlt sicherlich an der Vielfalt.

Warum gibt es statt der Vielfalt diese starke Konzentration nur auf die Milch?
Es braucht sicherlich Mut zur Veränderung und natürlich auch die entsprechende Ausbildung. Ich bin aber überzeugt, dass man mit dem nötigen Maß an Mut und Professionalität alles erreichen kann.
Obwohl die Zeiten anscheinend immer schwerer werden?
Es gibt so viele Möglichkeiten, wenn man offen für Veränderungen ist. Ich bin überzeugt, dass die Zeit noch nie so gut war sich zu verändern und neue Wege zu gehen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, uns stünde alles offen.