Was einst als Nischenernährung galt, hat längst die breite Gesellschaft erreicht – und nun auch die Höhenlagen der Alpen. Immer mehr Wandernde wünschen sich Alternativen zu Bratl, Kasnockn und Speckbrot – und die Hüttenwirte im Gesäuse reagieren mit Offenheit und Kreativität. „Beim veganen Essen wissen wir inzwischen: Das ist keine Modeerscheinung – das ist gekommen, um zu bleiben. Weil’s Sinn macht für die Natur, für uns selbst und für alle, die bewusst genießen wollen“, sagt Jaqueline Egger, Geschäftsführerin des Tourismusverbands Gesäuse.
Ein Projekt mit Bodenhaftung und Geschmack
Was als Idee des Buchungszentrums der Trail Angels begann, wurde vom Tourismusverband Gesäuse zum vollwertigen Projekt geformt. Projektleiterin Karoline Wöhri erzählt: „Der Hinweis kam ursprünglich vom Hüttenrunde-Buchungszentrum der Trail Angels, die bereits in den vergangenen Jahren vermehrt Anfragen zu veganen Speisen bemerkt hatten. Die Idee wurde dann vom Tourismusverband aufgegriffen und zu einem eigenen Projekt geformt – es war vor allem die Offenheit der Hüttenwirte, die die Umsetzung erfolgreich gelingen ließ.“
Jetzt servieren die Hütten entlang der Gesäuse Hüttenrunde mindestens ein veganes Hauptgericht – darunter Hirselaibchen, Currys, gefüllte Teigtaschen oder sogar veganer Kaiserschmarrn. Die Vielfalt auf den Tellern ist dabei kein bloßer Gag, sondern Ausdruck einer breiteren Veränderung. Sandra Neukart, COO der Österreich Werbung, betont: „Die neue *vegan edition der Gesäuse Hüttenrunde ist ein beeindruckendes Beispiel dafür: Sie verbindet bewussten Genuss mit der atemberaubenden Natur des Gesäuses und spiegelt damit perfekt wider, wofür Österreichs Kulinarik steht – für Authentizität, Qualität und Innovation.“
Tradition trifft Fernweh
Im Admonterhaus auf 1800 Metern Seehöhe hat Wirt Gottfried Härtel schon länger Erfahrung mit veganen Optionen. „Wir haben uns nicht extra für den veganen Höhenweg was einfallen lassen – wir machen das eigentlich eh schon länger“, sagt er. Die Nachfrage wachse stetig: „Die Anforderung nach vegetarischer Kost ist sehr hoch – fast schon die Mehrheit. Und auch die vegane Ernährungsweise nimmt immer mehr zu.“
Dass die Hütte nur zu Fuß oder mit dem Helikopter erreichbar ist, sei dabei kein Nachteil, im Gegenteil: „Kraut ist weniger empfindlich als das Beef Tatar. Und mit Getreide kann man viel machen – das spielt uns in die Hände.“ Härtel profitiert zudem von der internationalen Herkunft seiner Mitarbeiter. Zwei nepalesische Kollegen bringen ihre Küche mit.
Kreativität statt Convenience
Auch auf der Ennstaler Hütte wird vegan nicht als Verzicht, sondern als kreative Herausforderung gesehen. Wirtin Burgi Brunnmayr erzählt: „Ich bin selber keine Veganerin, aber ich bin offen für Neues und sehe es als interessante Herausforderung.“ Besonders die Vorspeisen stammen aus ihrer Feder – und aus der Natur: „Ich hab’s mir im Kopf ausgedacht – mein Team hat’s gut befunden. Also nehm ich das mit.“
Zu den Highlights zählen ein veganer Erdäpfelkäs mit Bärlauchpesto oder Hummus aus burgenländischen Kichererbsen, garniert mit Karotten, Radieschen und Sprossen. Auch bei den Hauptspeisen wird’s kreativ: Linsenragouts, Currys oder Polentaschnitten sorgen für Abwechslung. Wichtig ist Brunnmayr: „Veganer brauchen Kraft – da darf schon was drin sein, das das Fleisch ersetzt.“
Was sie ablehnt, sind industrielle Ersatzprodukte: „Veganes Würstl oder Steak? Nein, das vermeide ich. Es gibt so viele natürliche Gerichte.“ Ihre Erfahrung zeigt, dass sich Gäste vor allem vom Genuss leiten lassen: „Die meisten essen, was gut klingt oder schön ausschaut – und vegane Gerichte sind so schön bunt. Ich liebe diese Vielfalt.“
Zwischen Suppe und Apfelstrudel
Am Buchsteinhaus setzt Manuel Demmel auf eine flexible vegane Küche. „Typisch österreichische Speisen können auch vegan sein“, sagt er. Die Speisekarten wechseln regelmäßig – und damit auch die veganen Optionen. „Wir können immer irgendwas Veganes zaubern von dem, was da ist“, erklärt er. Auch wenn der vegane Andrang auf Berghütten noch überschaubar ist, sieht Demmel Potenzial: „Wird immer mehr, aber ich glaube, auf den Berghütten eher noch sehr wenig.“ Für besonders skeptische Gäste hat er einen pragmatischen Zugang: „Hat’s noch nicht gegeben – weil wir immer was kreieren können.“ Letztlich geht’s um ein gutes Gefühl beim Essen: „Wir schauen, dass alle glücklich und zufrieden sind – ohne großes Aufheben.“
Ein Klick zum veganen Genuss
Wer die vegane Variante der Hüttenrunde buchen möchte, kann dies ganz einfach über das offizielle Buchungszentrum der Trail Angels tun. Gäste geben dort an, dass sie vegan essen möchten – das Essen wird dann passend vorbereitet. Auch Tagesgäste können auf den Hütten vegane Gerichte genießen. Aufgrund der Logistik – viele Lebensmittel werden zu Fuß oder per Helikopter geliefert – empfiehlt sich ein kurzer Anruf vor der Wanderung.
Nicht nur die sechs offiziellen Hütten der Gesäuse Hüttenrunde machen mit: Auch auf Grabneralm, Ardning Alm, Klinkehütte, Rottenmanner Hütte und Buchsteinhaus wird pflanzlich gekocht. Für Tourismuschefin Jaqueline Egger fügt sich das Konzept nahtlos in das Selbstverständnis der Region: „Das Gesäuse steht für Freiheit, Weite und ein bewusstes Erleben der Natur. Da fügt sich eine Küche, die Ressourcen schont und genussvoll neue Akzente setzt, ganz selbstverständlich ein. Weil diese Gerichte nicht nur Veganer:innen überzeugen, sondern alle, die gerne gut essen – mit oder ohne Speck.“