Falsche "Polizisten", die gutgläubigen Pensionisten Geld in sechsstelligen (!) Eurobeträgen abknöpfen. Ein international agierendes Netzwerk, Sicherstellung von Waffen und Kokain. Spuren, die bis zu den berüchtigten Hells Angels nach Deutschland führen. Mittendrin: steirische Ermittler, die in Kooperation mit der deutschen Polizei vier Verdächtige ausforschen konnten. 

Am Dienstag landete dieser Kriminalfall am Landesgericht für Strafsachen in Graz. Beim Prozess mussten sich zwei Männer (21, 24) wegen schweren Betrugs und krimineller Vereinigung verantworten. Staatsanwältin Alexandra Ibler sprach von "professionellen, länderübergreifenden Strukturen in der Türkei, Deutschland und Österreich" und einer Führungsebene mit Kontakten zur Rocker-Szene. Der angeklagte Deutsche war in Graz Abholer, der zweitangeklagte Türke Aufpasser und Chauffeur. Die Verteidigung definiert die beiden Männer als "Marionetten und Handlanger" der unbekannten Hintermänner.

Zu einer Tat (eine Pensionisten war kurz davor, 90.000 Euro für die Übergabe an die "Polizisten" abzuheben) waren die beiden Beschuldigten geständig. Mit einem weiteren Versuch in Graz wollten Sie nichts zu tun haben.

Der erste Beschuldigte (22) ist bereits mehrfach vorbestraft. Er machte bei der Sache mit, weil er seine Schulden abbauen wollte, gab er an. Über das umfangreiche Betrugs-Netzwerk wollte er "aus Angst" nichts sagen, er verortete die Haupttäter irgendwo im "Rocker-Milieu". Zum zweiten Vorfall fühlte er sich schuldig, beteuerte aber immer wieder, wie sehr es ihm leid tue, "und ich bin anders erzogen", meinte er. "Tun Sie jetzt nicht so mitfühlend, Sie sind als höchst kriminell einzuschätzen", meinte der Richter.

Auch der zweite Angeklagte (24) war geständig, er hatte allerdings von Anfang an auch mitgeholfen, alles aufzuklären. "Die Hintermänner kenne ich nicht", betonte er.

Richter Andreas Rom verkündete das Urteil des Schöffensenats: 24 Monate Haft für den Abholer (er ist mehrfach vorbestraft), 18 Monate (davon elf bedingt) für den Aufpasser.

So flogen die Polizisten auf

Fahrt aufgenommen hat die steirisch-bayerische Kooperation mit der Festnahme eines sogenannten Abholers zu den Weihnachtsfeiertagen 2022. Eine Grazerin (73) war damals von einem unbekannten "Polizeioberinspektor" und "Polizeinotrufbeamten" angerufen worden, dann wurde sie auch noch mit einer "Polizeipsychologin" verbunden. Ihr Vermögen sei durch eine auf der Flucht befindliche Räuberbande gefährdet, sie solle ihr Bargeld von der Bank holen und an der Wohnungstür übergeben.

Drei Tage lang wurde die Frau am Telefon bedrängt, bis sie schlussendlich eine hohe Bargeldsumme beheben wollte. Dies war ihr zum Glück aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Daraufhin wurde die 73-Jährige misstrauisch und suchte Rat bei Verwandten, die ihr rieten, die Polizei zu verständigen. Diese stellte dann dem "Abholer" eine Falle, ein 21-jähriger Deutscher (Wohnsitz München) wurde festgenommen.

Die steirische Polizei und die Staatsanwaltschaft Graz nahmen danach Verbindung mit den Behörden in München auf: Die Zusammenarbeit führte zur Festnahme eines Mittäters (24) mit türkischer Staatsangehörigkeit in München. Im Sommer schnappten dann deutsche Polizisten zwei weitere Tatverdächtige (26), wieder in München. Bei einem Bosnier handelte es sich um einen "Abholer". Der "große Fisch" war allerdings der sogenannte "Logistiker". Ein Deutscher, der in der Hierarchie solcher Banden höher steht und u. a. die Abholung der Wertgegenstände bei den Opfern organisiert. Die Beamten konfiszierten in München Softair-Schusswaffen, Stichwaffen, einen Schlagring sowie Kokain in beträchtlicher Menge. Spuren sollen zu der Rockerbande Hells Angels führen.

Mit der Ausforschung des Logistikers gelang erstmals die Festnahme eines höherrangigen Bandenmitglieds. Doch auch die weiteren Geschnappten waren nützlich: "Die Abholer haben den Ermittlern wertvolle Hinweise über die höheren Ebenen im Netzwerk liefern können", schildert Heimo Kohlbacher von der Polizei. Detail: Diese Abholer werden von ihren Bossen streng observiert. Schlicht deshalb, damit sie sich nicht alleine mit der Beute aus dem Staub machen.