Für eine Person, die mit 57 Jahren ihr Geschlecht von weiblich auf männlich ändern ließ, gilt das männliche Pensionsantrittsalter von 65 Jahren. Entscheidend sei die Eintragung im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) zum Stichtag des Pensionsantrages, entschied der Oberste Gerichtshof (OGH), wie die Tageszeitungen "Presse" und "Standard" in ihren Montagausgaben berichten.

Die damalige Frau unterzog sich 2017 einer Geschlechtsanpassung und ließ sich Brüste und Eierstöcke entfernen. Bis zu diesem Datum wurde die Person im Zentralen Personenstandsregister (ZPR) rechtlich als Frau geführt, war als solche verheiratet und bekam zwei Kinder. Danach ließ sie ihren Personenstand ändern. Im Jahr 2020, als der nunmehrige Mann 60 Jahre alt war, beantragte er Alterspension.

Landesgericht Graz wies Klage ab

Die Pensionsversicherungsanstalt lehnte den Antrag ab. Für ihn gelte das männliche Pensionsantrittsalter 65. Entscheidend sei der Eintrag im ZPR am Stichtag – dem Monatsersten nach der Antragstellung. Der Mann zog gegen die Pensionsversicherung vor Gericht: Er habe nach wie vor primäre weibliche Geschlechtsorgane, sodass er als Frau zu behandeln sei, und eine "typisch weibliche Erwerbsbiografie". Dass nur die Eintragung im ZPR zähle, widerspreche dem Gleichheitssatz und diskriminiere Frauen, die die Anpassung vor dem 60. Geburtstag durchführen lassen, argumentierte er.

In erster Instanz wies das Landesgericht Graz die Klage ab: Ob er als Versicherter oder Versicherte gelte, hänge allein von der Änderung im ZPR ab. Als Mann erfahre er dieselbe Behandlung wie eine ursprünglich männliche Person, sodass keine Ungleichbehandlung vorliege. Außerdem liege auch deshalb kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, weil der Betroffene mit dem Eintrag selbst entschieden habe, als Mann gelten zu wollen. Das Oberlandesgericht in Graz bestätigte diese Entscheidung, der Mann zog vor den OGH. Dort machte er geltend, er habe im Jahr 2017 auch noch nicht die Möglichkeit gehabt, sich als "divers", "inter" oder "offen" eintragen zu lassen, betonte er.

Stichtag entscheidend

"Die österreichische Rechtsordnung und auch das soziale Leben gehen (nach wie vor) davon aus, dass jeder Mensch entweder weiblich oder männlich ist", erklärte dazu der OGH. Der österreichische Gesetzgeber habe – im Gegensatz etwa zum deutschen – auch nicht geregelt, welchem Geschlecht operierte Transsexuelle zuzuordnen seien. Dass der Mann keine genitalangleichende Operation vornehmen habe lassen, führe nicht dazu, dass er pensionsrechtlich als Frau zu behandeln sei, betonte der OGH. Entscheidend bleibe, dass die frühere Frau am Stichtag für die Pension als Mann im ZPR eingetragen war. Und auch das Argument, dass der heutige Mann eine typisch weibliche Erwerbsbiografie hinter sich habe, greife nicht, meinten die Höchstrichter. Denn "wollte man dieses Argument des Klägers konsequent weiterdenken, müsste man etwa einem Mann, der vor Vollendung des 60. Lebensjahres sein Geschlecht in eine Frau ändert, die Zuerkennung einer Alterspension mit Vollendung des 60. Lebensjahres verweigern, weil bis zu diesem Zeitpunkt eine 'typisch männliche' Erwerbsbiografie vorliege". So eine Vorgangsweise aber würde nach der Rechtsprechung des EU-Gerichtshofs dann "eine Diskriminierung der Frau wegen ihres Geschlechts darstellen", analysierte der OGH.