Es ist ein Mast ohne zugehörigen Rotor, der auf dem Präbichl direkt neben der Passstraße seit Monaten unverändert in die Luft ragt. Passanten rätseln, was mit dem Windrad geschehen ist, das sich an derselben Stelle jahrzehntelang gedreht hatte und inzwischen dem neuen, offensichtlich unfertigen Aufbau gewichen ist. „Das ist leider eine verfahrene Situation“, seufzt Rudolf Schartner. Der Vordernberger war Betreiber des einstigen Windrads auf der Passhöhe und hatte für den Standort weiterführende Pläne. Jetzt aber steht er mit seiner Familie mit dem Rücken zur Wand.

Nach 23 Betriebsjahren hatte das Windrad auf dem Präbichl – es war nach jenem auf der Sommeralm das zweite, das im Bundesland überhaupt gebaut worden war – sein natürliches Lebensende erreicht. Die 600 Kilowatt starke Anlage wurde demontiert und sollte, wie in solchen Fällen üblich, durch eine effizientere und stärkere ersetzt werden. „Wir haben mit dem Aufbau begonnen, aber es hat einen Einwand der Energienetze Steiermark gegeben“, berichtet Schartner. Grund: Der Abstand der Anlage zur vorbeiführenden 110-kV-Starkstromleitung entspreche nicht den Bestimmungen. Seither geht nichts mehr, der Weiterbau ist blockiert.

23 Jahre lang hat Rudolf Schartner sein Windrad auf dem Präbichl betrieben. Das neue hängt nun in der Luft
23 Jahre lang hat Rudolf Schartner sein Windrad auf dem Präbichl betrieben. Das neue hängt nun in der Luft © KLZ / Johanna Birnbaum

Streit um Abstandsregeln zum Windrad

Das Kuriose an der Sache: Das alte Windrad stand exakt an derselben Stelle und wies somit auch denselben Abstand zur Stromleitung auf. „Der Betrieb ist ohne irgendein Problem verlaufen und jetzt plötzlich soll das nicht mehr möglich sein?“, fragt Schartner.

Bei der Energienetze-Muttergesellschaft Energie Steiermark verweist man auf gesetzliche Schutzbestimmungen, die über die Jahre strenger geworden seien. „Da geht es auch um mögliche Folgen, wenn zum Beispiel die Leitungsseile durch starken Wind so stark in Schwingung geraten, dass es zu Brüchen kommt“, sagt Konzernsprecher Urs Harnik-Lauris. „Wenn wir uns da nicht exakt an die Vorgaben halten, haften wir für jeden zusätzlich entstandenen Schaden.“ Die Abstandsregeln seien verbindlich, ohne Ermessensspielraum.

Gespräche verliefen im Sand

Genau das bestreitet allerdings Schartner. „Der Sicherheitsabstand für den laufenden Betrieb von Leitung und Windrad ist absolut ausreichend. Unterschritten wird nur der Arbeitsabstand von jeweils 15 Metern, auf den es ankommt, wenn an der Leitung oder am Windrad gearbeitet wird.“ Die entsprechende Norm lasse aber in beiderseitigem Einvernehmen eine Reduktion des Abstands zu. „Wir haben den Energienetzen sogar angeboten, dass wir das Windrad jederzeit abschalten und den Rotor um 90 Grad drehen, sollte es erforderlich sein. Aber man ist zu keiner Einigung bereit“, sagt Schartner.

Für den Vordernberger drängt die Zeit. „Inzwischen ist die Angelegenheit für mich und meine Tochter, die unser Unternehmen heute führt, existenzbedrohend“, sagt Schartner. Der für den Bau des neuen Windrads aufgenommene Kredit werde von der Bank fällig gestellt, die Raten konnten bislang nicht abgezahlt werden. Geschehen sollen hätte das über die Einnahmen aus dem verkauften Strom, der über eine eigens gegründete Energiegemeinschaft direkt an die Bewohner der umliegenden Orte gehen hätte sollen. Ohne Windrad aber freilich auch kein Stromverkauf und damit auch keine Einnahmen, um die Investition abzuzahlen.

Wie und ob es weitergeht, ist offen. Schartner hofft immer noch auf eine Einigung in letzter Minute. „Sonst nimmt die Geschichte des zweiten steirischen Windrads ein trauriges Ende.“