Als eine Grazerin Anfang der Woche ihre Post aus dem Briefkasten holte, staunte sie nicht schlecht. Denn unter den Briefen war auch die Androhung einer Klage. Der Vorwurf: Sie habe auf einem privaten Parkplatz in Graz gewendet. In dem Schreiben, das von einer Wiener Anwaltskanzlei ausgeht, wird die Frau dazu aufgefordert, binnen sieben Tagen 395 Euro zu bezahlen – dann würde von einer Klage abgesehen werden. In den letzten Tagen warnte die AK Oberösterreich bereits vor dieser Praxis.

Konzentration auf Ballungsräume

Kein Einzelfall, wie man in der Rechtsabteilung des ÖAMTC weiß. „Das ist ein laufendes Thema bei allen Rechtsberatungsstellen in ganz Österreich. Natürlich sehr konzentriert auf die Ballungsräume. Schwerpunkt ist immer noch Wien, aber es ziehen auch die Landeshauptstädte, etwa Graz, nach“, sagt Matthias Nagler von den ÖAMTC-Rechtsdiensten. Auch bei der Arbeiterkammer Steiermark gehen mehrmals wöchentlich Anfragen in diesem Bereich ein – und das, obwohl die Arbeiterkammer für Besitzstörungsklagen grundsätzlich gar nicht zuständig ist.

Die Vorgehensweise ist dabei immer dieselbe: Personen, die den privaten Parkplatz befahren, werden von angebrachten Sicherheitskameras gefilmt. Die Bilder davon werden ihnen schließlich gemeinsam mit einer hohen Geldforderung zugeschickt. Genau darin sehen Experten auch das Problem. Denn laut Bettina Schrittwieser, Leiterin der Abteilung für Konsumentenschutz der AK Steiermark, ist das Betreten und Befahren von Privatgründen zwar untersagt, allerdings darf der Besitzer bei einem Verstoß lediglich rund 20 Euro für die Kosten für die Halterabfrage und den Brief weiterverrechnen. Zudem kann der Besitzer eine Unterlassungserklärung einfordern. Anwaltskosten dürfen allerdings nicht verrechnet werden.

Klage oder Hunderte Euro Ersatzzahlung

Die Kosten, die auf den aktuell häufig auftauchenden Klageandrohungen zu finden sind, liegen allerdings allesamt weit darüber im dreistelligen Bereich. „Es gibt wirklich astronomische Forderungshöhen, im Bereich von 300, 400 bis zu 600 Euro, dann würde ich auf jeden Fall empfehlen, dass man eine Rechtsberatung hinzuzieht“, sagt Nagler. Denn hier müsse man von Fall zu Fall abwägen. Das Problem: Verliert man vor Gericht, muss man die Gerichtskosten bezahlen. Diese liegen laut Nagler in etwa bei 600 Euro.

Eine einheitliche rechtliche Linie gibt es in der Judikatur nicht, vielmehr hänge es laut Nagler vom Ermessen des jeweiligen Richters ab. „Vom Bezirksgericht Wiener-Neustadt gibt es ein Urteil, dass ein paar Sekunden umdrehen noch nicht die Erheblichkeit einer Besitzstörung erreicht. Die Wiener Gerichte sehen das teilweise ein bisschen anders“, sagt Nagler.

AK rät, nicht einfach zu bezahlen

Die Arbeiterkammer rät bei hohen Forderungen dazu, 20 Euro zu begleichen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Zudem könne man einen prätorischen Vergleich vor Gericht anbieten. Das bedeutet konkret, dass die Angelegenheit vor Gericht geregelt wird, bevor es zu einer Klage kommt. „Bisher haben wir noch keine Rückmeldung bekommen, dass es danach noch Probleme gegeben hat“, sagt Schrittwieser. Die betroffene Grazerin hat sich mittlerweile ebenfalls einen Rechtsbeistand dazu geholt, um der Sache auf den Grund zu gehen.