Auf die Frage nach seiner größten Schwäche gab Jan Hörl noch vor zwei Jahren zu Protokoll: „Das ist meine Ungeduld. Ab und zu will ich es erzwingen, doch mit der Brechstange funktioniert es nicht.“ Diese Brechstange hat der Salzburger mittlerweile beiseitegelegt, spielt stattdessen seine Stärke („Die liegt sicher im mentalen Bereich. Ich schaffe es immer, mich in der Qualifikation oder dem Wettkampf zu steigern“) aus. Die Belohnung ließ nicht lange auf sich warten: So landete der 23-Jährige am Weltcupwochenende in Wisla gleich einen Doppelschlag. Nach dem Sieg mit seinen ÖSV-Kollegen im Teambewerb sprang Hörl in der Einzel-Konkurrenz erstmals in seiner Karriere auf das oberste Podest.

„Es ist ein Megagefühl. Das war genau das, wofür ich jahrelang trainiert habe und dass es heute so aufgeht, ist einfach genial“, jubelte der Weitenjäger noch im Auslauf des Adam-Malysz-Bakkens. Seine Flugkünste erlernt hat der Bischofshofener in der nordischen Kaderschmiede in Eisenerz. Im dortigen NAZ stand Hörl seit 2015 unter den Fittichen von Gerald Percht und Nik Huber und absolvierte zudem erfolgreich die Lehre zum Maschinenbautechniker. „Dieser Abschluss war mir total wichtig, damit ich einen Plan B habe. Denn im Skispringen kann sehr schnell etwas passieren.“

Passiert ist jetzt tatsächlich etwas, allerdings im positiven Sinn. So notierte der Salzburger mit seinem Erfolg in Polen den ersten Einzelsieg für den „Adler-Horst“ in dieser Saison und nahm damit von sich, aber auch seinen Mannschaftskollegen einen großen Druck. Denn damit kann der Familienmensch („Die Zeit im Kreise meine Familie ist mir sehr wichtig. Aber ich pflege auch meine Freundschaften, wo ich auch einmal vom Skispringen abschalten kann“) befreit den kommenden Aufgaben entgegenblicken. Und von denen gibt es in dieser Saison noch mehrere, stehen doch noch die Vierschanzentournee, der Heimweltcup in Bischofshofen und Olympia in Peking an.