Es war ein Tüfteln, ein Raten – bisher ohne Lösung. Die Abfahrt in Gröden, die war für Österreichs beste Abfahrer der letzten Jahre eine uneinnehmbare Festung, so schien es. Je ein siebenter Platz war für Vincent Kriechmayr ("Und da hatte ich Rückenwind") und Matthias Mayer bisher das höchste der Gefühle gewesen. Doch das ist nun Geschichte: Denn Kriechmayr feierte in der ersten, verkürzten Abfahrt von Gröden den ersten österreichischen Saisonsieg – und Mayer durfte nach Platz drei hinter dem einmal mehr großartigen Marco Odermatt mit einem Lächeln im Ziel verkünden: "Der Gröden-Fluch ist gebrochen!"

Und es war wohl der dreifache Olympiasieger, der den Weg vorzeigte, mit viel Engagement fuhr und vom ersten Abstoßen an auf volle Attacke setzte. "Im Ziel hat mir Vinc dann gesagt, dass er meine Fahrt gesehen hat und sich sagte: Was der kann, kann ich auch. Und ich habe mich g’scheit reingeklemmt, auch wenn die Fahrt sicher nicht perfekt war."
So fiel seinem Teamkollegen etwa der leichte Fehler in der Ciaslat auf, "da habe ich um ein Alzerl rausgenommen, damit ich alles besser erwische. Das ist gelungen. Und ab da hat mein Servicemann einen guten Job gemacht", sagte der 31-Jährige, der im letzten Abschnitt der schnellste Mann des Feldes war, da auch noch den bis dorthin überragenden Marco Odermatt abfing und zum 13. Sieg im Weltcup fuhr; dem ersten in der Grödener Abfahrt.

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"Dabei" witzelte er, "dachte ich mir nach Mothls Fahrt, dass ich das nicht kann – er hat sich nichts geschenkt, das habe ich dann auch versucht – und offenbar ist mir das ganz gut gelungen." Es sei klar gewesen, dass man "ans absolute Limit und mitunter darüber hinaus" gehen müsse, um mit den "Überfliegern" Odermatt und Aleksander Kilde (der diesmal mit Platz fünf vorliebnehmen musste) mitzuhalten. Diesmal habe er das geschafft – ohne Fehler.

"Das Hakerl unterm ersten Sieg ist gemacht"

So viel Glück hatte Daniel Hemetsberger nicht: Der Oberösterreicher lag auf Siegkurs, ehe er bei der Ausfahrt aus der berüchtigten Ciaslat zu viel riskierte: "Ich habe mich gefragt, ob ich gewinnen will – und bin All-In gegangen. Es war zu viel", seufzte er, angeschlagen wie ein Boxer: "Es hat mich voll aufs Gesicht gehaut, aber zum Glück ist alles andere in Ordnung." Und doch strahlte er: "Das Hakerl unterm ersten Sieg ist gemacht, das ist auch wichtig fürs Team!"

Das auch sonst viel Grund zur Freude hatte: Otmar Striedinger mit Fehler 12., Christopher Neumayr fuhr im vielleicht schwersten Rennen seines Lebens – hier hatte er sich just vor einem Jahr das Kreuzband gerissen – auf Platz 21, Stefan Babinsky einen Platz dahinter zum besten Abfahrtsergebnis. Und das in einem der knappsten Rennen aller Zeiten, denn mit 1,01 Sekunden Rückstand reichte es gerade zu Platz 30.

Bleibt die Frage, was es nun wirklich ausmachte, um den "Saslong-Code" zu knacken? Da lächelte Mayer und meinte: "Ich hab’ mir zum WM-Halbfinale ein Glas Lagrein mit Cheftrainer Marko Pfeifer und Sportdirektor Herbert Mandl gegönnt. Vielleicht war es das." Worauf Kriechmayr konterte: "Hat er das? Dann war wohl meine Entscheidung, mir ein Bier am Abend zu gönnen die bessere, das flutscht offenbar noch mehr."

Am Freitag wartet der Super-G (11.45 Uhr, ORF 1 live) – und der war bisher für das Duo das Rennen, nach dem sie sich, wie im Vorjahr als Zweiter und Dritter, auf dem Podest fanden. Kriechmayr weiß, was es braucht: "Volle Attacke, keine Reserven. Die darf man sich nicht mehr erlauben."