Das erste Mai-Wochenende 1994 begann wie jedes Renn-Wochenende auch. Die Formel 1 war nach Europa übersiedelt, nach Imola in der Emilia Romagna. Man diskutierte vor allem darüber, warum Ayrton Sennas Punktekonto immer noch bei Null stand. Mit dem Williams sollte der dreifache Weltmeister WM-Favorit sein. Michael Schumacher hatte hingegen mit dem Benetton schon zwei Rennen gewonnen.

Über Sicherheit machte sich Keiner große Gedanken. Acht Jahre war niemand mehr in der Formel 1 gestorben, die Königsklasse galt als (fast) hundertprozentig sicher. Dabei hatten die Ingenieure, zum Ausgleich der verbotenen aktiven Radaufhängung, die Autos extrem tief gelegt. Die Bodenfreiheit war ein Witz, bei Unebenheiten wurden die Boliden zu kaum beherrschbaren Geschossen. Und davor warnte beispielsweise Gerhard Berger. „Du spürst nicht, wann die Haftgrenze erreicht ist. Das Auto bricht ohne Vorwarnung aus.“

Schon am Freitag zeigte sich in Imola, wie schmal der Grat ist, selbst grenzenloses Vertrauen in die Technik ihre Grenzen hat. Im Freien Training war Rubens Barrichello in der vorletzten Schikane zu schnell, die Fahrt auf der Rasierklinge ging daneben. Sein Jordan hob auf den Curbs ab, wurde mit 230 km/h zum Fluggerät. Ungebremst knallte der Brasilianer in einen Zaun inklusive Überschlag. Der Schutzengel hatte zum Glück ganze Arbeit geleistet: nur ein Nasenbeinbruch. Natürlich. In den modernen Kohlefaser-Cockpits überlebt man jeden Unfall.

Dieser Irrglaube endete am 30. April, ein heißer Samstagnachmittag. In einem Rechtsknick vor der Tosa-Kurve war der Simtek des Österreichers Roland Ratzenberger einfach geradeaus gefahren. Mit Tempo 320 km/h. Ein Flap am Frontflügel hatte sich gelöst. Die Geschwindigkeit war zu hoch, der Aufprallwinkel in die Mauer ungünstig. Und an der herunter hängenden, leblosen Haltung des rot-weiß-roten Helmes bemerkte man, dass alle Schutzengel diesmal machtlos waren. Jeder Reanimierungsversuch von GP-Arzt Sid Watkins kam zu spät.

Panik machte sich breit, eine Konferenz wurde einberufen. Clay Regazzoni bezeichnete die Fahrer nur noch als bezahlte Marionetten. Senna war aufgewühlt und nervös. Eine Art Schockstarre breitete sich aus.

Noch am Start saß selbst der große Senna teilnahmslos im Williams. Unheilvolles lag in der Luft. Am Start krachte Pedro Lamy in den gestrandeten Benetton von Lehto. Trümmer flogen durch die Luft, verletzten elf Menschen. Re-Start. Und in der siebenten Runde flog der Williams von Senna in die Mauer. Erstarrt schauten die Streckenposten, noch einmal bewegte sich kurz Sennas Kopf. Dann wurde es stockdunkel. Und als die Notärzte den Helm abnehmen, wissen alle: Da kann man nicht mehr helfen. Zitat Gerhard Berger: „Es war, als wenn die Sonne vom Himmel fällt. . .“