Frauen in der Formel 1 – 67 Jahre nachdem mit Maria Teresa de Filippis 1958 erstmals eine Frau in einem Boliden der Motorsport-Königsklasse gesessen ist, hoffen viele Fans auf die erste Fahrerin seit Susie Wolff 2015, die für Williams als Testfahrerin mehrere Trainingsfahrten absolvierte. Knapp zehn Jahre später geht Wolff als Chefin der Rennserie in das dritte Jahr und träumt weiter davon, eine Frau über die Zwischenstation „Formel 1 Academy“ in die männerdominierte Königsklasse zu bringen. Ein Name, der diesbezüglich immer wieder fällt: Abbi Pulling.

Die 21-jährige Britin gewann die Frauenserie in beeindruckender Manier, hatte am Ende 123 Punkte Vorsprung auf die zweitplatzierte Doriane Pin (FRA). Nach ihren Kartzeiten wechselte sie 2020 in die britische Formel 4, ehe es über den Vorgänger „W-Series“ in die Academy ging. Fortan legte sie ein hohes Tempo an den Start, unterschrieb 2023 einen Vertrag als Nachwuchsfahrerin für Alpine. Mit den Franzosen gelang ihr 2024 nicht nur der Titel, sondern auch ein historischer Erfolg im Formelsport. Als erste Frau der Geschichte gewann Pulling in Brands Hatch ein Rennen der Formel 4 und verwies die männliche Konkurrenz dabei auf die Plätze. „Ich wollte den Rekord brechen und die erste Frau sein, die ganz oben auf dem Podest steht. Das habe ich endlich geschafft“, jubelte sie damals.

Rückstand aufholen

Doch wie geht es für Pulling nach dem Titelgewinn weiter? Durch ihren Erfolg bekommt sie einen voll finanzierten Startplatz in der GB3-Serie und bleibt weiterhin im Nachwuchs von Alpine. Die Academy musste sie nach ihrem Titelgewinn aber verlassen, um Platz für neue Talente zu machen. Darunter ist mit Emma Felbermayr auch eine Österreicherin für Sauber am Start. Pulling ist es jedenfalls zu wünschen, dass sie nach den starken Auftritten in diesem Jahr nicht von der Bildfläche verschwindet. Ihr Talent bewies sie im Herbst auch bei Testfahrten der Formel E in Spanien, wo sie in einer eigenen Session für Frauen die Schnellste war – ohne davor jemals in einem Auto der Serie gesessen zu sein. Das beweist auch die Lernfähigkeit, mit der die Britin sich in den vergangenen Jahren einen Namen machte.

In der Session wurde aber auch noch der Aufholbedarf deutlich. Mit ihrer Bestzeit von 1:30,889 Minuten lag sie 3,4 Sekunden hinter der männlichen Topzeit von Mitch Evans – eine Welt, die teilweise aber auch auf unterschiedliche Verhältnisse und Einstellungen zurückzuführen ist. Die Formel 1 kommt für Pulling aber wohl noch zu früh, wie auch für ihre Vorgängerin Jamie Chadwick, die dreimal die W-Series gewann und mittlerweile in den USA in der Indy NXT-Serie überzeugt. Misserfolg ist dieser Werdegang aber keiner, geht es doch darum, jungen Frauen den Weg in den Motorsport zu ebnen, Talente zu fördern und Entwicklungen voranzutreiben. „Wir müssen den Talentpool vergrößern und den Sport zugänglicher machen und die nächste Generation dazu inspirieren, einzusteigen“, sagte Wolff beim Start der reformierten Academy, die nach Startschwierigkeiten in Sachen Vermarktung, TV-Präsenz und Spannung viel Rückstand aufholen konnte.