Herr Marko, wir führten vor nicht allzu langer Zeit ein Gespräch über den Start der Formel-1-Saison. Und natürlich über die aufkommende Coronakrise. Nur eine Grippe, wie Sie sagten. Was hat sich nun für Sie doch verändert?

HELMUT MARKO: Ich habe etwas mehr Zeit, am Vormittag bin ich im Büro, die Nachmittage gehören mir und meiner Waldpflege. Ich kann nur sagen: So fit wie jetzt habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.

Wohl, weil Sie nicht mehr von Grand-Prix-Schauplatz zu Grand-Prix-Schauplatz hetzen müssen. Ist ja nicht schlecht, oder?

Na ja, es ist alles mein Job. Aber in meinem Alter (76, Anm.) gehöre ich natürlich auch zur Risikogruppe. Ich halte mich an die Regeln und Richtlinien. Natürlich nehme ich alles sehr ernst. Die Worte des Bundeskanzlers habe ich sehr wohl vernommen. Aber die Menschen wegzusperren, ist über einen längeren Zeitraum nicht ungefährlich. Da ergeben sich über kurz oder lang ganz andere Probleme. Wenn beispielsweise ein gewisser Lagerkoller einsetzt, können Menschen mitunter auch aggressiv werden. Von wirtschaftlichen Einbußen bis hin zu wirklich existenzbedrohlichen Situationen will ich noch gar nicht reden. Ich selbst habe für rund 100 Leute Kurzarbeit beantragt – Antwort habe ich noch keine bekommen.

Das heißt für die Formel 1, dass unter Umständen finanzschwache Teams wirklich werden aufgeben müssen, diese Krise nicht überleben?

Es gibt ein Notfallplan, der Teams mit einer Million unterstützt. Damit sollten wir in Zeiten, wo es keine Einnahmen gibt, halbwegs über die Runden kommen, auch die kleineren Teams. Und die Formel 1 hat sehr kluge Entscheidungen getroffen. Zuerst einmal wurde die Sommerpause jetzt ins Frühjahr verlegt. Das neue Reglement kommt erst 2022, damit ersparen wir uns die sonst schlagend werdende Doppelbelastung: Arbeit am aktuellen Auto und am neuen Auto. Tests wurden abgesagt. Wir können alles innerhalb der Budgtgrenze erfüllen. So, denke ich, ist kein Team wirklich gefährdet.

Apropos Notfallplan: Die Weltmeisterschaft 2020 soll ja irgendwie gerettet werden. Unter Umständen auch mit zwei Rennen an einem Standort. Wäre der Red-Bull-Ring auch dazu bereit, falls nicht dieses Rennen auch noch abgesagt werden muss?

Nun, wir sind jetzt bei einem Saisonstart in Montreal. Und das ist auch noch sicher. Es geht ja gar nicht so sehr um die zwei Rennen. Es gibt Verträge mit Veranstaltern, mit TV-Stationen. Wie soll das zeitlich gehen? Ein Rennen am Samstag, eines am Sonntag? Da sehe ich die Variante, die Saison bis nach Weihnachten oder bis ins neue Jahr zu verlängern, praktikabler.

Das heißt, wir könnten einen Weltmeister 2020 auch erst im Jänner 2021 küren?

Ja, warum nicht? Wir streichen die Tests, ziehen die Saison durch. Wir gewinnen Zeit und am Ende vielleicht auch Geld.

Abgesehen von der Waldpflege, wie ist Ihr sonstiger Tagesablauf?

Gesund bleiben ist wichtig, keine Frage. Aber unser ganzes Leben wird derzeit von Corona beherrscht. Lesen Sie Zeitungen, hören Sie Radio, schauen Sie fern: nur Corona. Man kriegt es wirklich mit der Angst zu tun. Gut oder schlecht? Egal. Nur: Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Wir werden da sehr aufpassen müssen, wie wir in den nächsten Monaten leben wollen. Und wir müssen alle, wirklich alle Begleitumstände mit einkalkulieren.