Erfolg gilt nicht als steuerbar. Ganz im Allgemeinen, was den Sport anbelangt, ganz speziell, wenn Höhenflüge im Fußball das Ziel der Träume darstellen. Ein solcher Höhepunkt gelang Österreich mit der erstmaligen Qualifikation für die heute beginnende U21-Europameisterschaft. Zufällig geschah das keineswegs. Gerne wird davon gesprochen, durch „gezielte Maßnahmen Erfolgswahrscheinlichkeiten zu erhöhen“. Genau das ist in der Alpenrepublik wirklich passiert und hat seinen Ursprung am Anfang des neuen Jahrtausends.

Zu einer Zeit, in der der rot-weiß-rote Fußball dem Skisport meilenweit hinterherhechelte, schrillten die Alarmglocken. Der damalige ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner, der mittlerweile den israelischen Fußball auf Vordermann bringt, leitete eine Zäsur ein – in Anlehnung an die Schweiz, die, wie Belgien, mit Österreich vergleichbar ist. Ein langfristiges Konzept mit klarer Strategie sowie Struktur wurde erstellt – und trotz zwischenzeitlicher Kritik (Heim-EM 2008) auch durchgezogen. Es beinhaltete die Talenteförderung, die Trainerausbildung sowie die Stärkung des Frauen- und Breitenfußballs. „Der österreichische Weg“ und das „Projekt 12“ stehen bis heute für ein nachhaltiges Erfolgsmodell. Die Qualität der Trainerausbildung spricht mit den aktuellen Deutschland-Engagements von Adi Hütter, Oliver Glasner und Damir Canadi ohnehin für sich.

Akademien als Trumpf

Auf dem Spielersektor kam noch eine entscheidende Komponente hinzu: Durch die Akademien wurde die Jugendförderung vorangetrieben. Die Frank-Stronach-Akademie etwa brachte ab dem Jahr 2000 Toptalente wie David Alaba, Aleksandar Dragovic oder Heinz Lindner hervor. Auf internationalem Topniveau befindet sich mittlerweile die Red-Bull-Akademie in Salzburg, deren Triumph in der Youth League 2017 gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Nicht nur wegen der Mozartstädter steht Österreich im Nachwuchsbereich infrastrukturell so gut da wie nie zuvor. Die vorhandenen Möglichkeiten lassen gute Spieler mittlerweile auch in Österreich reifen. Der oftmals viel zu früh erfolgende, weil überfordernde Schritt ins Ausland wird zumindest hinterfragt und durchleuchtet. Heimische Klubs arbeiten professionell – und sie haben im europäischen Vergleich top ausgebildete Trainer, was wiederum den Fußballern zugutekommt.

© GEPA pictures

Ruttensteiner („Die Aufbauarbeit, die jetzt geleistet wird, sieht man erst im nächsten Jahrzehnt“) gilt dank seiner Weitsicht als Vater des Erfolgs. In diesem Jahrtausend qualifizierten sich seit 2003 insgesamt 21 österreichische Nachwuchsauswahlen für eine Endrunde. Unvergessen bleibt der vierte Platz bei der U20-Weltmeisterschaft 2007. Österreich spielte damals mit den späteren A-Team-Leistungsträgern Zlatko Junuzovic, Sebastian Prödl und Martin Harnik groß auf. Dazu kam die erstmalige Qualifikation für eine Endrunde bei Herren (2016) und Frauen (2017). Und dass sich ausgerechnet das aktuelle U21-Nationalteam als erste rot-weiß-rote Auswahl für eine EM qualifizieren konnte, überrascht nicht wirklich.

© AP

Der Jahrgang 1996 und jünger gilt als jener mit dem „eingebauten“ Sieger-Gen. Gleich für drei Endrunden (U17-EM und -WM, U19-EM) qualifizierte er sich. Und genau diese internationalen Vergleiche mit gleichaltrigen Jugendlichen auf höchstem Niveau sorgen für realistische Einschätzungen der Lage und können – wie im Profibereich Duelle im Europacup – den nötigen Leistungsschub mit sich bringen. Nur wer sich mit den Besten misst, kann selbst zu den Besten vorstoßen. Mit Kapitän Philipp Lienhart (Freiburg), Marco Friedl (Werder Bremen), Stefan Posch, Christoph Baumgartner (beide Hoffenheim), Kevin Danso (Augsburg) und Mathias Honsak (Holstein Kiel) standen in der abgelaufenen Saison nur sechs U21-Akteure im Ausland unter Vertrag.

Ein Topduo fällt aus

Die 17 restlichen Kaderspieler werkten in der heimischen Bundesliga – zumeist als unumstrittene Stammspieler. Mit Xaver Schlager und dem Bald-Leipziger Hannes Wolf sticht ein Duo heraus, das bei Salzburg für internationale Glanzlichter gesorgt hat. Lienhart, Danso, Posch und Schlager verbuchten bereits (starke) Einsätze im A-Team. Auch Valentino Lazaro und Konrad Laimer dürften noch für die U21 spielen, erhielten aber keine Freigabe ihrer – deutschen – Klubs.

Verstecken muss sich Österreich trotzdem nicht. Der 3:1-Testspielsieg gegen Frankreich am Dienstag hat das Selbstvertrauen ordentlich gestärkt. Im Kräftemessen der besten zwölf Nationen liegt Österreich im Marktwertvergleich zwar nur auf Rang zehn, aber vielleicht wächst die eingeschworene Truppe erneut über sich hinaus. Ein Halbfinaleinzug würde einen weiteren Meilenstein bedeuten – die Qualifikation für Olympia 2020 in Tokio. Eine Besonderheit für einen besonderen Jahrgang – das Sieger-Gen ist gefragt.