Der Preisverfall sei dramatisch, sagt Thomas Reiter, Geschäftsführer der Obst Partner Steiermark (OPST), besser bekannt als "frisch, saftig, steirisch", und will wachrütteln. 25 bis 30 Cent je Kilo Äpfel bleiben derzeit bei den Bauern. Im Supermarkt kosten sie 1,70 Euro. "Davon kann niemand leben, geschweige denn investieren. Die Betriebe müssen Reserven anzapfen, sofern sie welche haben."

Das Geschäftsjahr 2013 hinterlässt für die Apfelbauern unterm Strich einen bitteren Nachgeschmack, 2014 wird es auch so sein – und 2015 vielleicht sogar noch schlimmer kommen. Schuld daran sind die Wirtschaftssanktionen, mit der sich EU und Russland gegenseitig eingedeckt haben. Mit mehr als 60 Millionen Euro beziffert Werner Brugner, Kammeramtsdirektor der Landwirtschaftskammer, den direkten und indirekten Schaden durch das Handelsembargo allein für die steirische Landwirtschaft im heurigen Jahr. Den größten Teil bekommen der Schweinesektor (rund 23 Millionen), die Milchbauern (17 Millionen) und eben die Apfelbauern (10,7 Millionen) ab.

Vier Millionen polnische Äpfel

Dabei sind nicht die Mengen, auf denen die Bauern sitzen bleiben, das größte Problem, sondern die fast vier Millionen Tonnen polnischer Äpfel, die den Markt überschwemmen und die Preise massiv drücken. OPST-Chef Reiter ist sauer auf die Politik in Brüssel und Moskau. Denn eine Entspannung der Lage ist weder politisch noch wirtschaftlich in Sicht, musste Christian Wehrschütz, Korrespondent für ORF und Kleine Zeitung, am Mittwoch beim "Weiß-grünen Tisch", einer von Unternehmer Hans Roth organisierten Diskussionsreihe, alle Hoffnungen dämpfen. "Das Klima ist sehr konfrontativ, der Konflikt zwischen Russland, Ukraine und Europa wird uns noch zwei bis drei Jahre beschäftigen."

Die Obst Partner Steiermark GmbH fordert Schadenersatz und bereitet eine Klage vor. Mögliche Gegner: die EU und Russland. Geprüft werden muss davor die Frage der Klagslegitimation und wer Verursacher der Situation ist. "Wenn es so jahrelang weitergeht, brechen uns die Betriebe weg", warnt Reiter. "Das überleben auch die Milch- und Schweinebauern nicht. Und wenn es keine Landwirte für die Landschaftspflege gibt, schaut es auch für den Tourismus schlecht aus." Nebenbei: Viele russische Wintergäste werden heuer ausbleiben.

OPST-Chef Thomas Reiter
OPST-Chef Thomas Reiter © Johannes Kübeck

Auch Brugner sieht ein "enormes Krisenpotenzial" für Betriebe, die nicht gut aufgestellt sind. Nicht ganz so düster zeichnet Gerhard Pfeifer-Sieber, Obstbauer und Aufsichtsratschef von OPST, die Lage. Es gebe Signale für eine leichte Besserung der Preise aus Südtirol und Deutschland. "Wir verkaufen im Moment mehr Menge zu niedrigeren Preisen", sagt Pfeifer-Sieber. Der Handel hätte zwar mit Aktionen geholfen, aber dafür eben auch billiger eingekauft.

Direktverkauf bewährt sich

"Was uns hilft, sind Aktionen von Firmen und Betriebsräten oder Schulen. Das bringt viel für das Einkaufsbewusstsein der Konsumenten." Auf seinem Hof bewähre sich der Direktverkauf. "Da haben wir 30 bis 40 Prozent mehr Absatz." Wehrschütz weiß indes, dass das russische Embargo an mehreren Stellen umgangen wird; so wird in Weißrussland Milch aus Europa umgefüllt. Das Reich Putins ist als achtwichtigster Exportmarkt der Steiermark weggebrochen, resümiert Claus Tüchler, Chef des Internationalisierungscenters (ICS): "Es bleibt schwierig für die Exporteure, die steirische Gesamtwirtschaft aber kann es verkraften."