Bundeskanzler Karl Nehammer fuhr in einem Hintergrundgespräche mit Chefredakteuren schwere Geschütze gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl auf – und erteilte einer blauschwarzen Koalition unter einem Kanzler Kickl eine deutliche Absage. "Ich halte Kickl für ein Sicherheitsrisiko", erklärte der Kanzler unter Verweis auf Kickls jüngste Absage an eine Teilnahme Österreichs am europäischen Raketenschutzschirm Sky Shield. Auch der Hinweis auf die einstige, von Kickl als Innenminister angeordnete Razzia gegen den eigenen Verfassungsschutz BVT führte Nehammer als Begründung an. "Da sieht man, was passiert, wenn die Sicherheit in falsche Hände gerät."

"Mein Ziel ist es, Kickl als Kanzler zu verhindern." Kanzler und Kickl seien Begriffe, die einander ausschließen. "Mit Kickl ist kein Staat zu machen", so Nehammer, der allerdings klar zum Ausdruck brachte, dass er nur Kickl, nicht die FPÖ, als Koalitionspartner ablehne.

Was der ÖVP-Chef mit der Absage an Kickl bezweckt, liegt auf der Hand: Es ist der Versuch, einen Keil in die FPÖ zu treiben – in der Hoffnung, dass die Blauen wie im Jahr 2000 bei einer Koalitionsbildung den polarisierenden Parteichef aus dem Rennen nehmen. FPÖ-Chef Jörg Haider ließ damals Susanne Riess-Passer als Vizekanzlerin den Vortritt. Dass die FPÖ heute noch einmal diesen Weg geht, erscheint heute unwahrscheinlich. "Das machen wir kein zweites Mal", lautet der Tenor bei maßgeblichen FPÖ-Politikern.

Debatte über Neutralität ist eine "Elitendiskussion"

Dass Kickl das Raketenabwehrsystem ablehne, sei, so Nehammer, bedenklich und gefährlich: "Wenn man neutral ist, muss man wehrhaft neutral sein." Der FPÖ-Chef ziehe die "Wehrhaftigkeit der Neutralität in Zweifel." Die Regierung werde zwei Milliarden Euro für den Ausbau der Luftverteidigung investieren. Einer Grundsatzdebatte über die Neutralität erteilt Nehammer eine Absage: "Das ist eine Elitendiskussion."

Gegen "Begrifflichkeitsdebatte" über "Normalität"

Breiten Raum nahm im Kanzleramt die jüngste Debatte über "Normalität" ein. Er halte nichts davon, denn man laufe Gefahr, sich von den Sorgen der Menschen wegzubewegen. "Die Regierung wird gern am Klimaschutzgesetz und am Informationsfreiheitsgesetz gemessen. Das geht allerdings an den Lebensrealitäten der Menschen vorbei." Die Demokratie beruhe auf Mehrheitsentscheidungen, aber es gebe auch Minderheitenrechte. "Ich finde es abnormal, wenn wir zulassen, dass die Ränder gestärkt werden." Es selbst argumentiere lieber: "Es ist wichtig, eine Politik für die Vielen zu machen und nicht auf die Wenigen zu vergessen. Die Wenigen sind allerdings nicht das Maß aller Dinge."

Die Grünen haben "viele Gesichter"

Und zur Aussage von Vizekanzler Werner Kogler, der die von Landeshauptfrau Mikl-Leitner angezettelte Normalitätsdebatte für "präfaschistisch" hält: "Ich habe die Grünen mit vielen Gesichtern kennengelernt: sehr pragmatisch, sehr konsensorientiert, aber auch sehr ideologisch und dogmatisch."

Chip-Gipfel am Donnerstag im Kanzleramt

Der Kanzler kündigte für Donnerstag einen Mikrochip-Gipfel an. Österreich zähle zu den vier größten Produzenten in Europa. 72.000 Menschen seien in der Branche tätig.