Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser regt an, Schnellverfahren nicht nur für Asylwerber mit geringen Bleibechancen einzuführen – sondern auch für solche mit hohen Chancen, um das strauchelnde Grundversorgungswesen zu entlasten. Das würde vor allem Afghanen und Syrer betreffen, die wegen der Lage in ihren Heimatländern gute Chancen hätten, in Österreich zu bleiben – "das würde die Behörden und die Länder entlasten", wenn solche Menschen möglichst schnell die mit dem Asyl verbundene Niederlassungs- und Arbeitsbewilligung bekommen würden, so die Chefin der evangelischen Hilfsorganisation.

Für Moser ist die aktuelle Flüchtlingssituation nicht mit 2015 vergleichbar. "Wir haben keine Krise von Menschen, die wirklich in Österreich um Asyl ansuchen", sagte sie am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Vielmehr handle es sich um eine "Unterbringungskrise". Die Kooperation zwischen dem Bund und den Ländern funktioniere derzeit nicht.

"Die Länder sind in der Pflicht"

Sie wolle sich zwar nicht am "Blame Game" beteiligen, Fakt sei aber, dass nicht ausreichend Flüchtlinge in die Landesversorgung übernommen werden. "Da sind die Länder in der Pflicht." Die NGOs würden bereitstehen. Das System in Österreich sei aber kompliziert, etwa, was die vom Bund festgelegten Tagsätze für die Unterbringung betrifft. Diese seien vom Bund zwar erhöht worden. Nun müsse das aber noch durch alle Landtage. "Das ist eine Schraube, an der wir drehen können", so Moser.

Die aufgestellten Zelte seien dem "Kalkül" des Innenministeriums geschuldet, die Länder dazu bewegen zu wollen, Menschen zu übernehmen. Das sei zum Teil zwar erfolgreich, aber die Bilder erweckten den "Eindruck einer Asylkrise, die es nicht gibt". Denn viele der Menschen wollen weiterziehen und nicht im Asylverfahren bleiben, argumentiert Moser und plädierte dafür, Arbeitsmigration und Asyl auseinanderzuhalten. "Wir brauchen auf europäischer Ebene bessere Regeln für legale Arbeitsmigration", so Moser. Dann müssten diese Menschen nicht ins Asylsystem drängen.

Ein Problem laut Moser ist auch, dass viele aus der Ukraine Vertriebene derzeit in die Grundversorgung kommen, weil sich viele Österreicher angesichts der Teuerung die Zurverfügungstellung von Privatquartieren nicht mehr leisten könnten. "Hier müssen wir schnell handeln, sonst bekommen wir ein strukturelles Problem", so Moser. Handlungsbedarf gebe es auch, weil die Vertriebenen-Karten für Ukrainer im März auslaufen. Moser tritt daher für ein "Ukrainer-Gesetz" und eine damit verbundene Integrationsoffensive ein. Ukrainer sollten dadurch eine Bleibeperspektive mit Zugang zum Arbeitsmarkt und gesichertem Aufenthaltsstatus bekommen. Dann könnten sie auch eine Ausbildung beginnen, etwa in der Pflege.

Pflegereform "erster Meilenstein"

In Sachen Teuerung sehe man bei der Diakonie, dass diese immer mehr in die untere Mittelschicht hineinwirke. Etwa habe der Bedarf an Wohnbeihilfe-Beratungen zugenommen. Dramatisch sei auch, dass immer mehr Mütter kommen, die Babynahrung brauchen, weil diese so teuer geworden ist. Die Indexierung der Sozialleistungen begrüßt sie als "sehr wichtige und nachhaltige Maßnahme", ebenso den Klimabonus. Moser wünscht sich aber auch Anpassungen bei der Sozialhilfe und dem Arbeitslosengeld.

Die Pflegereform bezeichnete sie als "ersten Meilenstein", dem weitere folgen müssten. Und zwar müsse auf das Pflegesystem als solches hingeschaut werden. Es brauche dringend Maßnahmen beim Personalschlüssel, um den Druck von den Mitarbeitern zu nehmen. "Wir müssen schauen, dass wir in eine Spirale nach oben kommen." Damit Pflegekräfte weiter gerne in diesem Beruf arbeiten. Auch brauche es eine Informationsplattform für Menschen, die Interesse an der Pflege haben. Dort sollen sie Information aus einer Hand bekommen, welche Ausbildungen es gibt und wie sie finanziert werden können.