Von der alten türkis-blauen Bundesregierung ist zwar eine neue einheitliche Sozialhilfe beschlossen worden, der darin enthaltene Vorgabe, das bis zum Ende des Jahres umzusetzen, haben aber bisher nur zwei Bundesländer Folge geleistet. Damit treten die neuen Bestimmungen mit 1. Jänner nur in Ober- und Niederösterreich in Kraft.

Ob und in welcher Form diese umzusetzen sind, prüft aber derzeit noch der Verfassungsgerichtshof. Darauf haben sich die sieben Länder berufen, die zum Teil neben inhaltlichen Bedenken vor einer Umsetzung die Entscheidung des Höchstgerichts abwarten wollen. In diesen sieben Ländern gelten damit die alten, unterschiedlichen Bestimmungen vorerst weiter, es ändert sich mit 1. Jänner nichts.

„Wenn es um die Existenz von Menschen geht, muss der Grundsatz gelten: Qualität vor Geschwindigkeit", begründet die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus. Es sei zu bedenken, dass das Bundesgesetz von den Verfassungsrichtern gerade geprüft wird, eine Entscheidung aber noch aussteht. Das neue Gesetz werde "eine der ersten Aufgaben des neuen Landtags sein".
Somit gilt die Mindestsicherung weiter. 

Höchstgrenzen

Mit der vorerst nur in Ober- und Niederösterreich umgesetzten neuen Sozialhilfe, die die bisherige Mindestsicherung ersetzt, werden einheitliche Höchstgrenzen für die Sozialhilfe festgelegt. Die monatliche Sozialhilfe wird damit in der Höhe des Netto-Ausgleichszulagenrichtsatzes gewährt, das sind 966,65 Euro für 2020. Für Paare sind es zwei Mal 70 Prozent des Richtsatzes, das sind 1.353,31 Euro.

Mehrere Kinder

Für Familien mit mehreren Kindern bringt die Neuregelung Einschnitte durch eine Staffelung pro Kind: Für das erste Kind ist ein Sozialhilfe-Satz von 25 Prozent des Netto-Ausgleichszulagenrichtsatzes vorgesehen (241,66 Euro), für das zweite Kind 15 Prozent (144,99 Euro) und ab dem dritten Kind gibt es 5 Prozent des Netto-Ausgleichszulagenrichtsatzes (48,33 Euro).

Menschen mit Behinderung

Für Menschen mit Behinderung ist ein Bonus von 18 Prozent (173,99 Euro) vorgesehen. Für Alleinerzieherinnen machen sowohl Nieder- als auch Oberösterreich von ihrer Möglichkeit Gebrauch, Zuschläge zu gewähren - und zwar 12 Prozent vom Ausgleichszulagenrichtsatz (115,99 Euro) bei einem Kind, bei zwei Kindern 21 Prozent (202,99 Euro), bei drei Kindern 27 Prozent (260,99 Euro) und für jedes weitere Kind plus drei Prozent. Die Möglichkeit, einen Wohnzuschuss von bis zu 30 Prozent zu gewähren, nutzen hingegen weder Ober- noch Niederösterreich.

Wohngemeinschaft

Leben mehrere Sozialhilfebezieher in einer Wohngemeinschaft, so ist eine Deckelung von 175 Prozent des Ausgleichszulagenrichtsatzes (1.691,54 Euro) vorgesehen. Ausgenommen von dieser Deckelung sind nicht nur Kinder, sondern auch Menschen mit Behinderung. Auch dauerhaft erwerbsunfähige Bezieher sind von der Bestimmung ausgenommen.

Schlechte Deutschkenntnisse

Für Zuwanderer mit schlechten Deutschkenntnissen sind Kürzungen vorgesehen. Sie bekommen nur 65 Prozent der regulären Leistung, das sind nicht ganz 630 Euro. Die mehr als 300 Euro Differenz auf die volle Geldleistung werden als Sachleistung zum "Arbeitsqualifizierungsbonus für Vermittelbarkeit" erklärt. Damit sollen Sprachkurse finanziert werden. Den vollen Betrag gibt es erst ab Deutsch-Niveau B1 oder Englisch-Niveau C1. Für Drittstaatsangehörige sowie EU- und EWR-Bürger ist eine fünfjährige Wartefrist vorgesehen, bevor sie die Sozialhilfe beziehen können.

Zugriff auf Vermögen

Die Länder können auf das Vermögen der Betroffenen zugreifen. Es gibt aber Ausnahmen. So ist etwa ein Auto, das zur Fahrt in die Arbeit benötigt wird, vom Zugriff ausgenommen. Zudem wird ein "Schonvermögen" von 600 Prozent des Ausgleichszulagenrichtsatzes (rund 5.800 Euro) definiert, auf das kein Zugriff möglich ist. Zugleich wird die "Schonfrist" für den Zugriff auf das Eigenheim bzw. die pfandrechtliche Eintragung im Grundbuch von sechs Monaten auf drei Jahre erhöht.