Die türkisgrünen Koalitionsverhandlungen gestalten sich schwieriger als  angenommen und vielfach auch erhofft. Nach Informationen der Kleinen Zeitung haben die Grünen ihren für heute geplanten, erweiterten Bundesvorstand abgesagt.  Offiziell stehe dieser Schritt, heißt es, nicht im Zusammenhang mit dem Fortgang der Gespräche. Das Gremium spielt bei der Koalitionsbildung eine Schlüsselrolle, weil es mit einer einwöchigen Vorlaufzeit den Bundeskongress einberuft, der über Sein oder Nichtsein einer türkis-grünen Regierung – mit einfacher Mehrheit – befindet.

Offenbar sind die Gespräche im Bereich des Klimaschutzes, insbesondere in der Frage der CO-2-Steuer festgefahren. Die Grünen pochen in dem Punkt auf ein „Umsteuern“, mit einfachen Überschriften will man sich nicht begnügen. Das beinhaltet neben der Idee des Klimabonus auch substanzielle Investitionen in den Nahverkehr. Grünenchef Werner Kogler hat im Wahlkampf stets beteuert, dass die Grünen angesichts der hohen Abgabenlast keine Steuererhöhungen planen. Auch bei der Migration gestalten sich die Verhandlungen zäh. „Einen türkis-blauen Kurs mit grünem Mascherl wird es mit uns nicht geben“, haben die Grünen immer als Parole ausgegeben.

"Da geht viel zu wenig weiter, da steht alles"

Vorarlbergs Landesrat Johannes Rauch (Grüne). Teil der Verhandlungsgruppe „Klimaschutz, Umwelt, Infrastruktur und Landwirtschaft", hatte sich bereits am Donnerstagabend via Twitter zu Wort gemeldet und seinen Unmut über die Nichteinhaltung des Stillhalteabkommens geäußert. "Manchmal wäre die Versuchung groß, aus den #regierungsverhandlungen hinauszutwittern, weil türkis es meisterhaft beherrscht (Respekt!) medialen Spin-drift in die eigene Richtung zu erzeugen. Eventuell ist doch derjenige doof, der sich an die Spielregeln hält ...", so Rauch. In der ZIB2 sagte er am Freitagabend: Es sei offensichtlich, dass über verschiedene Kanäle - und er gehe davon aus, dass das von ÖVP-Seite komme, "der Eindruck erweckt worden ist, dass eh alles gegessen ist, das Kabinett praktisch schon gebildet ist", so Rohr. "Aber dem ist nicht so, wir brauchen Zeit".

Der Grüne Michel Reimon, Verhandler in einer EU-Untergruppe meldet sich in der ZIB2 ebenfalls zu Wort und bezieht sich auf die Verhandlungen zum Thema KLimaschutz, sein Befund: "Da geht viel zu wenig weiter, da steht alles." Hier brauche es "in richtig großes Paket". Er sehe keinen Zeitdruck bei den Verhandlungen, "der echte Zeitdruck ist, dass wir zehn Jahre haben, um die Klimakatastrophe zu verhandeln".

So geht's weiter

Mitte nächster Woche sollte – aus grüner Sicht – Klarheit herrschen, ob die Gespräche zum Erfolg führen bzw. vor Weihnachten zum Abschluss gebracht werden können.

Seit Anfang der Wochen verhandeln ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Grünen-Chef Werner Kogler tagsüber nahezu ohne Unterbrechung unter vier bzw. acht Augen. Beigezogen sind oft die engsten Vertrauten der beiden Chefverhandler Stefan Steiner (bei Kurz) und Josef Meichenitsch (Kogler). Punktuell stoßen die Leiter der  Großgruppen - Alma Zadic (Grüne) und Wolfgang Sobotka (ÖVP) bei Staat und Gesellschaft, Meichenitsch (Grüne) und Harald Mahrer (ÖVP) in Wirtschafts- und Budgetfragen, Leonore Gewessler (Grüne) und Elisabeth Köstinger (ÖVP) im Umwelt- und Klimabereich, Rudi Anschober (Grüne) und Karl Nehammer (ÖVP) bei Sicherheit und Integration, Birgit Hebein (Grüne) und August Wöginger (ÖVP) in der Sozialpolitik, Margarete Schramböck ÖVP) und die Grüne Sigi Maurer bei der Bildung - dazu.