"Ohne die Duftmarke einer SPÖ Neu ist die Sozialdemokratie chancenlos“. Mit diesen drastischen Worten beschreibt der frühere steirische SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves (66) im Gespräch mit der Kleinen Zeitung die gegenwärtige Lage seiner Partei. Er fordert eine Häutung der SPÖ nach dem Vorbild des politischen Widersachers Sebastian Kurz. Voves: „Die Volkspartei ist unter Kurz diesen Weg der Erneuerung gegangen. Aus schwarz wurde türkis. Mit dem Neuanstrich hat sich die Partei auch programmatisch, organisatorisch und vor allem in der Kommunikation neu erfunden.“ Auch wenn die Positionierung rechts der Mitte intern nicht von allen geteilt worden sei, so sei es rückblickend ein „erfolgreicher neuer Weg“ gewesen, dem nunmehr alle Gruppierungen innerhalb der ÖVP folgen würden.

Die Mitwirkung der SPÖ an der Abwahl des türkisen Kanzlers und seines Kabinetts beurteilt Voves zwiespältig: „So ein Unterfangen kann die Motivation unter den Funktionären befeuern, aber wenn das Manöver nicht binnen weniger Tage mit einem inhaltlichen und personellen Neuauftritt unterfüttert wird, fällt das Ganze krachend in sich zusammen und geht nach hinten los.“ Er, Voves, wolle sich an der Führungsdebatte nicht beteiligen, für jeden Beobachter sei aber „das Leck in Sachen Professionalität, Präsenz und Schlagkraft“ sichtbar. Ein professionelles politisches Marketing sei „nicht vorhanden“. Das „Hinhauen auf den Gegner“ sei zu wenig. Das Management benötige „bewährte Kräfte mit handwerklicher Erfahrung“. In der derzeitigen Aufstellung sei die Partei „für eine Dreifronten-Schlacht gegen Schwarz, Blau und Grün nicht gerüstet, weder personell noch inhaltlich.“

Zwischen Links und Mitte-Links gefangen

Die Partei sei noch immer in Flügelkämpfen zwischen Links und Mitte-Links gefangen. Klar sei für ihn, dass die SPÖ aus dem Formelvorrat und den Denkbahnen der siebziger Jahre ausbrechen müsse. „Mit alter Umverteilungsrhetorik ist heute nichts mehr zu gewinnen“. Die SPÖ müsse ihr Verhältnis zu Begriffen wie Eigenverantwortung oder Leistung neu vermessen. Voves befürchtet, dass sich die Partei unter der jetzigen Führung links einigle, die Folgen einer solchen Verengung wären fatal. „So endet die SPÖ als politischer Nullfaktor mit einem Stimmenanteil von zehn Prozent.“ Voves: „Italien, Frankreich und demnächst Deutschland lassen grüßen“. Die SPÖ hätte mit einer klassisch linken Kurssetzung auf lange Sicht „keine Möglichkeiten mehr, Gesellschaft mitzugestalten.“

Eine global vernetzte, digitale Welt mit all ihren Umbrüchen mache ein „erneuertes Angebot für das 21. Jahrhundert“ notwendig. Dieses müsse von neuen Köpfen glaubhaft kommuniziert und übersetzt werden, mahnt der Sozialdemokrat, der die Steiermark nach sechzig Jahren politisch wendete und drei Mal die SPÖ zur stimmenstärksten Partei machte. Ein mittezentrierter Kurs ließe sich laut Voves so definieren, dass sozialdemokratische Grundhaltungen nicht verletzt würden, aber „die Mitte der Gesellschaft sich dennoch angesprochen fühlt“. Der „Plan A“ von Christian Kern mit ökologischer Komponente sei dafür ein guter Kompass. „Man müsste nur die Schublade öffnen.“ Er, Voves, habe immer einen „sozial-liberalen“ Weg gewählt und sei überzeugt, dass „eine SPÖ ohne Wirtschaftskompetenz nicht die Mitte erreicht und damit auch keine Chance mehr auf eine Mitregentschaft hat“. Die Erschütterungen der Innenpolitik und der Zustand der SPÖ, der Voves seit 40 Jahren angehört, erfüllen ihn mit Kummer: „Was sich da abspielt, tut mir weh.“