Die Regierung will gegen Hass im Netz vorgehen und setzt dabei auf ein  "digitales Vermummungsverbot". Damit soll es zwar weiter möglich sein, sich anonym im Internet zu äußern, bei Straftaten sollen aber die Behörden auf die Namen der Verdächtigen zugreifen können, erklärte Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) nach einem Gipfel mit Betroffenen. Auf eine Klarnamen-Pflicht verzichtet die Regierung damit.

"Problem ist nicht die Anonymität"

Mit Unverständnis reagiert die frühere Grün-Politikerin Sigrid Maurer, deren Fall ja die Debatte angestoßen hatte, auf den Gipfel.  Maurer war erstinstanzlich verurteilt worden, weil sie den Namen eines vermeintlichen Belästigers öffentlich gemacht hatte. "Die Regierung missbraucht meinen und andere Fälle für ihre Propaganda um die Freiheit im Netz beschränken. Wie auch in meinem Fall mit dem Craftbeershop kommt der meiste Hass über Klarnamen."

Das Problem bei Hass im Netz sei nicht die Anonymität, sondern dass er nicht rechtlich verfolgt werde oder - wie im Fall Mauer - nicht rechtlich verfolgt werden kann. "Dieser Gipfel hätte Hilfe für Betroffene bringen sollen, stattdessen bringt er einen massive Gefährdung des Datenschutzes." Bezeichnend sei, dass die Regierung ihre eigene Beratungsstelle gegen Hass im Netz nicht eingeladen habe, dafür aber Strache teilgenommen habe, der mit seiner Facebook-Seite selbst Hass im Netz verbreite.

Wie Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) betonte, sei durch diese Pflicht in anderen Ländern der Hass im Netz nicht zurückgedrängt worden. Wie das "digitale Vermummungsverbot" genau umgesetzt werden soll, ließ die Regierung am Dienstag noch offen. Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) stellte aber klar, dass auch große US-Konzerne nicht ausgenommen sein würden.

Die Idee hinter dem ganzen sei, dass jemand, der Unrecht begehe, nicht mehr die Möglichkeit haben dürfe, sich in der Anonymität des Internet zu verstecken, betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Derzeit sei es so, dass in der realen Welt der Umgang miteinander ganz gut funktioniere, in der digitalen Welt es aber zu immer mehr Grenzüberschreitungen komme.

So sieht das auch Vizekanzler Strache, der daran erinnerte, dass auch er und Kurz bzw. deren Familien schon Opfer von Hasspostings geworden seien. Hervorgehoben wurde vom FPÖ-Chef speziell, dass Frauen auch im Netz kein Freiwild sein dürften.

Opfer solcher "Shitstorms" waren auch bei der Veranstaltung, die sich auf Beamten- und Expertenebene noch bis in den Nachmittag erstreckt, darunter die Moderatorinnen Verena Schneider (Puls 4) und Elke Rock (Ö3). Dazu von der Regierung geladen waren etwa Verena Fabris, Leiterin der Beratungsstelle Extremismus und der Medienrechtsexperte Christoph Völk.

Die Reaktionen auf den Vorschlag sind unterschiedlich. Während der Verband österreichischer Zeitungen die Initiative der Regierung begrüßt, steigen die Provider auf die Barrikaden. Deren Vertretung ISPA warnt vor einer Einschränkung der Meinungsfreiheit und -vielfalt.

In einer Aussendung ist die Rede von reiner Symbolpolitik, die an den wahren Problemen völlig vorbeigehe. Es handle sich praktisch um eine Klarnamenpflicht. Dabei sei es für politisch Verfolgte aber auch für viele muslimische Mädchen oft nur im Schutz der absoluten Anonymität möglich, in sozialen Medien aktiv zu sein.

Ganz anders die Einschätzung des VÖZ: Dessen Präsident Markus Mair nannte die geplante "De-Anonymisierung" einen gangbaren Weg, um der zunehmenden Verschärfung des Meinungsklimas im Netz entgegenzuwirken. Auch sei es positiv, dass laut der Bundesregierung gleichzeitig an schärferen Strafgesetzen für Online-Entgleisungen gearbeitet werde.