Während Vertreter der türkis-blauen Regierung in ersten Stellungnahmen eine Volksabstimmung über das "Don't smoke"-Volksbegehren ablehnten und das Ziel der Initiatoren verfehlt sahen, kommen erste Stimmen aus der ÖVP, die nach dem erfolgreichen "Don't smoke"-Volksbegehren für einen verbindlichen Volksentscheid in Sachen Rauchen in der Gastronomie plädieren.

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) - ein langjähriger Verfechter des Rauchverbots in der Gastronomie - hat am Dienstag angesichts der fast 900.000 Unterstützungsunterschriften seinen Standpunkt bekräftigt: "Ich bleibe bei meiner Meinung: Dieses Rauchverbot wird kommen - früher oder später. Ich hoffe auf ein Umdenken der FPÖ."

Noch stärkere Worte fand Salzburgs LH-Stellvertreter Christian Stöckl, ebenfalls ÖVP. "Das Ergebnis des Volksbegehrens ist ein Appell an die Bundesregierung, da Thema ernsthaft zu behandeln und eine Volksabstimmung zuzulassen."

"Ich war der erste in der ÖVP"

"Ich war der erste innerhalb der ÖVP, der vor vielen Jahren bereits ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie gefordert hat, damals stieß ich auf breite Ablehnung. Ob es eine Volksabstimmung geben soll ist Sache der Bundesregierung. Ratschläge erteile ich denen intern", sagte der steirische Chef der Volkspartei. Auch der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer hatte schon im Frühjahr diese Meinung vertreten.

Schützenhöfer hatte bereits 2013, damals noch als Tourismusreferent, ein Rauchverbot in der Gastronomie gefordert: "Man muss der Gastronomie reinen Wein einschenken", sagte er damals nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs.

Die FPÖ wäre laut Vizekanzler Heinz-Christian Strache nur bereit, das Gesamtpaket "direkte Demokratie" früher umzusetzen.

Die SPÖ will ÖVP und FPÖ noch von einer Volksabstimmung zum Rauchverbot in Lokalen überzeugen.  Insbesondere in die Medizinerin Pamela Rendi-Wagner als designierte SPÖ-Chefin werden dabei von den Befürwortern der Rauchverbots-Initiative auch Hoffnungen gesetzt. "Schützenhöfer hat die Chance, die steirischen Nationalratsabgeordneten zur Vernunft zu bringen - im Sinne der Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher",  formulierte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried.

Fast 900.000 abgegebene Stimmen seien ein Aufschrei gegen das schwarz-blaue Drüberfahren. "Leider sind die Versprechungen von Strache, Rosenkranz und Co. für mehr direkte Demokratie rein gar nichts wert.“

"Den Publikumsjoker nehmen"

Der Grazer ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl, der für das Nichtraucher-Volksbegehren selbst die Werbetrommel gerührt hatte, sprach sich im "Kurier" für eine Referendum aus. "Jetzt sollte es auf jeden Fall eine Volksabstimmung geben. Wenn ein Thema politisch nicht zum Heben ist, muss man den Publikumsjoker nehmen", so Nagl.

Auch der Salzburger ÖVP-Bürgermeister Harald Preuner meint im "Kurier", dass "bei einer so hohen Beteiligung ein verbindlicher Volksentscheid möglich gemacht werden" sollte.

In den Städten hatten die Volksbegehren einen besonders starken Zulauf. Die stärkste Zustimmung für "Don't smoke" außerhalb Wiens (16,89 Prozent) gab es in Graz (21,9 Prozent), ebenso für die Frauenanliegen (Wien: 12,03 Prozent, Graz 12,18 Prozent).

"Ich würde dafür plädieren, dieses Volksbegehren zum Anlass zu nehmen, schon früher einen verbindlichen Volksentscheid einzuleiten, nicht erst 2021", sagte auch der ÖVP-Bürgermeister und Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl im "Kurier".

Für Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, hat die Regierung "jetzt die Chance zu beweisen, was ihr Ruf nach direkter Demokratie wirklich bedeutet und wie ernst sie es damit meint. Keiner der fast 900.000 Unterstützerinnen und Unterstützer des Anti-Rauchvolksbegehrens würde es verstehen, wenn es jetzt still und leise in der Schublade verschwinden würde. Ein derartiges Begräbnis erster Klasse wäre an Scheinheiligkeit wohl kaum zu überbieten".

VP und FP schieben sich heiße Kartoffel zu

Riedl kommt aus der niederösterreichischen ÖVP, die der Rücknahme des Rauchverbots von Anfang an kritisch gegenüber stand. "Der Zulauf zeigt, dass unser Koalitionspartner auf Bundesebene die Situation neu bewerten sollte", appelliert der niederösterreichische ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner an die FPÖ. Es sei klar, "dass man den Willen der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen hat".

Das "Don't smoke"-Volksbegehren wurde von 881.569 Österreichern unterzeichnet und kratzte damit nur knapp an der 900.000er-Marke, die von den Initiatoren als Ziel ausgegeben wurde. Ab 900.000 Unterschriften bei einer Volksbefragung soll laut ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm künftig eine verbindliche Volksabstimmung kommen, allerdings erst ab 2022.

Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erklärte Montagabend nach Vorliegen der Ergebnisse via Facebook neuerlich, dass die freiheitliche Partei "jederzeit bereit" wäre, "direkte Demokratie als Recht des Volkes analog zur Schweiz auch früher umzusetzen". Damit versucht er die ÖVP mit dem aktuellen Volksbegehren in Geiselhaft zu nehmen und die Gesamtreform früher umzusetzen.

Zugleich fügte Strache an, dass 85 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten das erfolgreichste der drei Volksbegehren nicht unterschrieben hätten und die angepeilte 900.000 Unterschriften-Hürde nicht erreicht worden sei. Strache versprach aber, "dass alle Volksbegehren sorgfältig und intensiv im Nationalrat behandelt werden. Nicht nur das medial massiv unterstützte generelle Rauchverbot in der Gastronomie und das Frauenvolksbegehren, sondern natürlich auch das medial verschwiegene ORF-Volksbegehren zur Abschaffung der GIS-Zwangsgebühr".