Ist das Paket ein Fortschritt, ein Rückschritt oder perpetuiert das den Stillstand?

STEFAN HOPMANN: Na ja, es ist in Teilen eine Rückwendung zu dem, was viele als gute alte Zeit beschreiben.

Gab es die nicht, die gute alte Zeit in der Schulpolitik?

Nein. Es ist ja nicht so, dass Österreich das beste Schulsystem der Welt hatte, bis dann die bösen Reformer kamen und alles kaputt gemacht haben. Das schwingt mit. Die einzige gute Maßnahme ist die verbindliche Einbindung der Kinder-Eltern-Lehrer-Gespräche.

Warum hat Faßmann so ein Paket geschnürt?

Da geht es mehr um Politik als um Pädagogik. Er ist ein exzellenter Forscher und weiß mehr, als er sagt. Das ist Politik für die schwarzblaue Klientel.

Für die Stammtische?

Man tut so, als hätte es früher eine Insel der Seligen gegeben. Fairnesshalber muss man sagen: Unser Schulsystem ist im internationalen Vergleich gut aufgestellt. Die meisten Reformen haben mit den echten Problemen in der Schule genau gar nichts zu tun.

Warum ist das Sitzenbleiben so schlecht, wenn jemand nicht mitkommt?

Es gibt in der Forschung einen Konsens, dass Sitzenbleiben schädlich ist. Langfristig begründet es schlechte Schulkarrieren.

Ist die Wiedereinführung von Noten nur retro?

In Norwegen gibt es schon lange keine Schulnoten, und man kann den Kindern dort nicht vorwerfen, dass sie weniger leisten. Kinder können sich meistens selbst gut einordnen. Wer mit der Einordnung Probleme hat, sind die Eltern. Das war das Problem mit der Abschaffung der Noten. Man hat keine Kultur der Rückmeldung installiert. Das hat zu Irritationen geführt und die Sehnsucht nach den Noten ausgelöst.

Warum sind Leistungsgruppen nicht von Vorteil? Es gibt Kinder, die sich leichttun, andere langweilen sich.

Ich habe nichts gegen eine Binnendifferenzierung. Ich predige seit Jahren, man möge den Schulen die Möglichkeit geben, sich an den Schülern zu orientieren. Mit der Einteilung in Leistungsgruppen wird aber wieder die soziale Trennmauer errichtet. Man kann das verstehen, die Regierung sichert ihre Klientel vor den Folgen der eigenen Sozialpolitik ab.

Ist die Neue Mittelschule der Weisheit letzter Schluss?

Es wird nicht mehr reichen, das Vertrauen in die Mittelschulen wieder herzustellen. Da trägt die chaotische Zickzack-Politik der Vorgängerregierung eine Mitschuld. Sie hat das Vertrauen der Eltern so erschüttert, dass man die bürgerlichen Kreise kaum für die Mittelschule zurückgewinnen kann.

Was war zickzack?

Die vorschnelle Einführung eines bestimmten Typus von Mittelschule als Pflichtprogramm. Am Anfang haben sich wunderbare Initiativen entwickelt, durch die Folgemaßnahmen ist guter Wille wieder zerstört worden. Jetzt haben wir wieder eine Regierung, die meint, sie wüsste genau, was gut für die Menschheit ist.

Wären Sie Bildungsminister, was würden Sie tun?

Ich würde mir wünschen, wir hätten den Mut, den Schulen mehr zuzutrauen. Wir brauchen nicht mehr Geld, wir müssen flexibler sein.