Ihr Großvater Wiley T. Buchanan Jr. war von 1975 bis 1977 US-Botschafter in Österreich. Wieviel Diplomatie haben Sie von ihm gelernt?

TREVOR TRAINA: Meine allererste Reise ins Ausland war ein Besuch bei meinen Großeltern in Wien, während seiner Zeit als US-Botschafter. Ich werde nie vergessen, wie diese Reise meine Augen für die Bedeutung von Diplomatie geöffnet hat. Für mich ist gute Diplomatie, wenn Menschen still und unermüdlich alles dafür tun, dass die Welt sicherer wird. Es ist nicht unbedingt das, was man tun, sondern vor allem, dass es geräuschlos passiert. Diese wichtige Grundlektion hat mich mein Großvater gelehrt. Von ihm habe ich auch die Wertschätzung anderer Kulturen gelernt, zum Beispiel jener großartigen hier in Österreich.

Können Sie sich noch an irgendetwas aus dieser Zeit erinnern?

TRAINA: Ich erinnere mich an alles! Ich habe in seinem Büro gespielt, dass nun mein Büro ist. Und auch an das Haus, in dem ich nun lebe. Ich kann mich an eine Reise nach Salzburg erinnern, an eine Rundreise durch das Land sowie an die Museen. Wir waren in der Spanischen Hofreitschule und natürlich erinnere ich mich an mein erstes Schnitzel. Jedoch haben mir meine Großeltern nie Tafelspitz serviert. Das ist jetzt eine Neuentdeckung für mich. Es war damals eine großartge Erfahrung für mich. Denn man darf bei allem nicht vergessen: Es war damals Kalter Krieg. Wien lag am Straßenende des Westens. Hier war die Grenze zum Osten und mein Großvater erklärte mir damals alles zum Kalten Krieg. Das war hier alles direkt spürbar und zum Greifen nah.

Österreich ist ein kleines Land. Wie wichtig ist es für die USA und ihren Präsident Donald Trump?

TRAINA: Ich sehe Österreich nicht als ein kleines Land. Es ist ein wichtiger Staat und ein Stimmungsbarometer und Index für den Gesundheitszustand der gesamten Region. Meinem Gefühl nach, schaut die gesamte Region auf Österreichs Führungsstärke. In dieser Hinsicht teilen wir viele Interessen. Die Sicherheit und den Schutz des Westbalkans zum Beispiel. Österreich ist ein großer Truppensteller für internationale Friedensmissionen im Kosovo oder Bosnien. Wie machen also viel gemeinsam.

Sie erwähnen das Interesse am Balkan. Nun hat der Präsident in einem Tweet Montenegro als „aggressiv“ bezeichnet. Er frage sich, warum die Nato ein so kleines Mitgliedsland verteidigen müsse und Montenegro über die Nato-Beistandspflicht nach Artikel 5 sogar einen Dritten Weltkrieg auslösen könnte - was auch in Wien Irriationen ausgelöst hat mit seinem besonderen Balkaninteresse. Können Sie uns erklären, was er damit bezweckt hat?

TRAINA: Der Beitritt zur EU und zur Nato können in jungen Staaten positive Veränderungen bewirken. Österreich hat ja einige Erfahrung und erheblichen Einfluss in der Region. Ich setze mich ununterbrochen in Washington dafür ein, dass wir uns bei Initiativen zum Westbalkan zuerst mit Österreich koordinieren – zumal Wien ein gutes Gespür in dieser Hinsicht hat. Eines der Ziele der EU-Ratspräsidentschaft ist der Fokus auf die Sicherheit in der Westbalkan-Region. Und sichere und stabile Westbalkan-Staaten sind auch im Interesse der USA.

In den vergangenen Wochen hat es ja etliche Irritationen zwischen Europa und Washington gegeben. Wie schwierig ist es als Diplomat für einen Präsidenten zu vermitteln, der so erratisch ist?

TRAINA: In meinen Augen stellt der aktuelle Präsident Fragen zu den gleichen Themen wie die vorhergehenden Präsidenten. Sei es die Frage nach einem fairen Welthandel oder die Frage nach mehr finanziellem Engagement der Europäer in der Nato oder auch die Frage nach mehr Energie-Autonomie des europäischen Kontinents. Der Präsident drängt auf die selben Punkte, die für Amerika seit langer Zeit wichtig sind. Der einzige Unterschied liegt nur im Stil des Präsidenten. Wenn wir allerdings auf das jüngste Nato-Kommunique schauen, dann stimmen wir wohl alle darin überein, dass dies ein sehr positives Ergebnis ist. Mehr Geld für die Nato aus den USA, mehr Geld für die Nato aus Europa, was auch zu einem gestärkten Europa führt. Ich hoffe, dass wir solche Ergebnisse nun auch in anderen Bereichen sehen.

Aber ist es nicht schwer als Botschafter, diese Art von Botschaften des Präsidenten für die europäischen Regierungen und die hiesige Öffentlichkeit zu übersetzen?

TRAINA: Schauen Sie: Ich bin der Botschafter für alle Amerikaner der Vereinigten Staaten. Ich wurde einstimmig im US-Senat, also von jedem Demokraten und von jedem Republikanern, gewählt. Ich bin mit der Stimme aller Amerikanern und als Stimme für alle Österreicher nach Wien gekommen. Es ist meine Aufgabe, jede Möglichkeit zu suchen, die Freundschaft zwischen unsern Ländern zu verstärken. Nach meiner Erfahrung können Freunde, die gut zusammen arbeiten, gemeinsam unglaubliche Dinge erreichen.

Österreich nutzt seine Brückenfunktion nach Osteuropa als neutrales Land seit dem Zweiten Weltkrieg und möchte diese Rolle unter der neuen Regierung ausbauen. Konnten Sie dies dem Weißen Haus bereits anbringen und wie wurde in Washington darauf reagiert?

TRAINA: Natürlich versuche ich ständig Aufmerksamkeit in Washington dafür zu gewinnen, wie strategisch wichtig Österreich ist. Österreich ist ein maßgeblicher Verbünderter für die USA. Der Kanzler und ich haben bei einem Treffen vereinbart, jeden in Washington daran zu erinnern, dass Wien ein exzellenter Ort für den Dialog ist. In der Zukunft wird an Wien sicher gedacht.

Ein großes Thema für die transatlantischen Beziehungen ist die Wirtschaft. Haben Sie sich als früherer Unternehmer der New Economy je unfair aus Europa behandelt gefühlt?

TRAINA: Meine Unternehmen, die ich in den USA aufgebaut habe, kamen nicht in Berührung mit dem, was nun so kontroversiell diskutiert wird. Wir haben entspannt auf den globalen Markt geschaut.

Beeinflusst die aktuellen Diskussionen denn die New Economy in den USA?

TRAINA: Für mich als Kalifonier ist die technische Revolution etwas sehr Reales. Es kommt jedem zugute. Österreicher profitieren also auch davon, wenn ein AirBnB oder ein Uber oder ein Apple oder ein Facebook gegründet wird. Bis zu einem gewissen Grad sollten wir also erst einmal den technologischen Fortschritt aus den USA feiern. Denn es macht zunöchst unsere aller Leben einfacher.

Haben Sie denn die Bestrafung von Google durch die EU-Kommission mit der Regierung in Washington diskutiert?

TRAINA: Meine Erfahrung mit der Regulierungen von neuen Technologien ist, dass die Regulierer nicht den hohen Wissensstand haben, die Entwicklung auf diesen sich schnell bewegenden Märkten wirklich vorherzusagen. Ich verweise dabei gerne auf das US-Kartellrecht bezüglich auf Microsoft und seinen Internet Explorer und dessen Verbindung zu den Windows-Systemen. Und als das Gesetz verabschiedet wurde, war der Explorer schon fast selbst obsolet geworden. Im Fall von Google ist es schwer vorherzusagen, wie sich dieser Markt entwickeln wird. Und umso schwerer, ihn richtig zu regulieren. Ich würde sowohl in Europa als auch in USA eher vor solchen Versuchen warnen, nach Gewinnern und Verlierern zu suchen in diesen schnellwachsenden Märkten.

Die Wirtschaft und speziell Investoren reagieren stets sehr sensibel, wenn die Stimmung negativ und unsicher ist. Wie können die wirtschaftlichen Beziehungen vertieft werden in Zeiten, wo sich beide Seiten gegenseitig derart aufschaukeln?

TRAINA: Seit es Handel gibt, wird über Handel auch gestritten. Speziell in Österreich möchte ich darauf hinweisen, dass die USA nach Deutschland der größte Käufer von österreichischen Produkten in der Welt ist. Unser Handel wächst mit zweistelligen Raten. Ich sehe den Handel als Leuchtpunkt in unseren Beziehungen und ich sehe viele Vorteile für beide Seiten. Ich sehe das in einer ganzen Reihe von Branchen und ich habe mit einigen Unternehmern gesprochen, die dafür glühen, dass nächste Google in Österreich gründen zu wollen.

Können Sie ein Beispiel nennen?

TRAINA: Eines der Dinge, die ich an den Wirtschaftsbeziehungen zu Österreich so mag, ist die große Bandbreite. Es ist nicht nur die Energie, nicht nur Bankgeschäfte, nicht nur Lebensmittel oder Waffen. Es sind gibt solch eine Vielfalt an Industrien, die in den USA aktiv sind. Wenn Sie in ein Spitzencafe in Manhattan gehen, ist es ziemlich sicher, dass sie dort heute einen Grünen Veltliner auf der Karte finden. Für österreichische Unternehmer ist lediglich ein großes Thema, dass sie nicht ausreichend für die Nachfrage aus den USA produzieren können.

Österreichischer Wein ist wirklich populär in den USA?

TRAINA: Sehr populär. Das habe ich auch allen Ministern hier gesagt. US-Konsumenten wollen mehr österreichischen Wein kaufen.

Ist das auch ein Spezialthema für Sie? Immerhin haben Sie ja ein Weingut.

TRAINA: Ja, ich habe eine Reihe von persönlichen Interessen. Ich bin Technik-Unternehmer und ein Kunstsammler, weshalb ich auch die Kunstszene hier verstehe. Und ich habe ein Weingut in Napa Valley. Ich produzieren Rotwein, Cabernet und Merlot. Ich liebe gutes Essen und so treffen sich viele gute und wichtige Dinge der österreichen Kultur mit meinen persönlichen Vorlieben.