Die geplante Verfassungsreform zur Bereinigung der Bund/Länder-Kompetenzen betrifft auch die Justiz: Gerichtsbezirke sollen künftig vom Bund allein per Verordnung festgelegt werden. Am Zustimmungsrecht der Länder sind schon mehrere Versuche gescheitert, kleine Bezirksgerichte zusammenzulegen. Die Länder wollen auch weiterhin mitreden - und die Richtervereinigung ist "entschieden" gegen die Neuregelung.

Diese bedeute einen "massiven Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit (und Unversetzbarkeit) und damit in die Rechtsstaatlichkeit Österreichs", schreiben der Vizepräsident der Richtervereinigung, Gernot Kanduth, und der Vorsitzende der Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte in der GÖD, Christian Haider, in ihrer Begutachtungs-Stellungnahme zum Entwurf von Justizminister Josef Moser (ÖVP).

"Recht auf gesetzlichen Richter ausgehöhlt"

Sie fordern, dass die Gerichtssprengel durch ein Bundesgesetz festgelegt werden. Nur ein solches garantiere parlamentarische Kontrolle. Die Regelung per Verordnung verstoße gegen das verfassungsrechtlich verankerte Legalitätsprinzip - dessen Zweck es sei, "manipulierenden Eingriffen der Regierungsmacht in die ordentliche Gerichtsbarkeit" vorzubeugen. Außerdem würde das Recht auf den gesetzlichen Richter ausgehöhlt, und die Neuregelung stehe auch im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 der Menschenrechtskonvention.

Unterstützung erhalten die Richter von der Liste Pilz. Deren Justizsprecher Alfred Noll plädierte in einer Aussendung dafür, weiterhin die Länder einzubinden. "Die Landesregierungen waren bisher Garanten dafür, dass die Rechtssuchenden in räumlicher Nähe ihre Anliegen vorbringen konnten. Das soll auch so bleiben."

Die Bundesländer protestieren in der Begutachtung zwar nicht gegen die Streichung ihres (im Verfassungs-Überleitungsgesetz von 1920 festgeschriebenen) Veto-Rechts. Aber sie mahnen ein "verbindliches Bekenntnis des Bundes" zu zwei Punkten ein: Bei Änderungen von Bezirksgerichtssprengeln müsse es eine "grundsätzliche politische Vorabstimmung mit den Ländern" geben - und in jedem Bundesland müsse ein Landesgericht erhalten bleiben, dessen Sprengel die Landesgrenzen nicht überschreitet. Dem könnte direkt im B-VG, aber auch in den Erläuterungen Rechnung getragen werden, heißt es in den Länder-Stellungnahmen.