Mireille Adiet Ngosso (38) ist die neue designierte stellvertretende Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt. Sie ist im Kongo geboren, in Wien aufgewachsen, von Beruf Ärztin und seit dem Jahr 2010 in der Wiener SPÖ aktiv.

Ein Paradebeispiel für eine voll integrierte Schon-lange-Österreicherin mit Migrationshintergrund. Dennoch schlägt ihr im Netz eines Welle des Hasses entgegen, seit bekannt wurde, dass sie in Wien Innere Stadt die Staffette übernahm.

Man braucht einen guten Magen, um das auszuhalten. Als Betroffene, aber auch als Beobachterin.

Es sind Hass und Dummheit, die aus den Postings sprechen, wenn etwa bemängelt wird, "dass wir jetzt schon Ausländer in der Politik haben" oder  der halblustige FPÖ-Funktionär Robert Lizar raunzt, dass er sich fragen müsse, "ob ich noch weiß, welche Wurzeln und Identität meine Heimatstadt hat".

Mireille Ngosso hat offenbar einen guten Magen und kann sich darüber freuen, dass es mehr freundliche Wiener als unangenehme Zeitgenossen gibt:

Wenn Frau Ngosso den Wienerinnen und Wienern ihre "Liebslingsgretzln" zeigt, wenn sie sie per Video in den Burggarten, auf den Franziskanzerplatz, in die Wollzeile entführt, dann kann jeder hören und sehen, wie sehr diese Frau mit Österreich und seiner Hauptstadt verwurzelt ist.

Was auch jeder sehen kann: dass sie schwarz ist. Und das ist gut so.

Die muslimische Integrationsexpertin Dudu Kücükgöl hat im Gespräch mit der Kleinen Zeitung darauf hingewiesen, dass es an unseren Schulen zu wenige Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund gibt. Aufgrund ihrer eigenen Erefahrungen, ihres Wissens um die unterschiedlichen Kulturen wären die besser in der Lage, kulturelle und ethnische Konflikte zu lösen.

Und sie hätten auch die Funktion von so genannten "role models", Verkörperung dessen, was auch Zuwanderer in unserer Gesellschaft - einmal integriert - erreichen können.

Die Ersten sind die Tabubrecher

Die ersten sind die, die quasi Tabus brechen, weil sie die, die sich als Immer-schon-Österreicher bevorrechtet fühlen, verstören. 

Der erste schwarze Busfahrer in Graz verstörte (wie übrigens auch die erste weibliche Busfahrerin...).

Der erste muslimische Grundwehrdiener irritierte.

Der erste asiatisch aussehende  Richter beunruhigt.

Der ethnischen Vielfalt auf der Straße fühlen Herr und Frau Österreicher sich schutzlos ausgeliefert. Wenn jetzt sogar noch die Obrigkeit multi-kulti daherkommt, dann...

Ja, was eigentlich?

Das Ende der "Herr"lichkeit

Dann wird dem letzten "Herrschafts"-Wesen plötzlich klar, dass es gar nicht so toll bestellt ist um seine "Herr"-lichkeit"?

Wir brauchen Menschen wie Mireille Ngosso wie einen Bissen Brot.

Weil sie uns als "die anderen" bewusst machen, wie erstrebenswert unsere  Kultur ist und wie sehr man sich wünscht, daran teilzuhaben.

Weil sie sichtbar machen, dass "unsere Leut'" nicht nur aus trachtentragender steirischer oder Kärntner Landbevölkerung,  "echten Weanern" in den Hausmeisterwohnungen der Bundeshauptstadt  und hoffnungsvollen Schiassen im Schigymnasium in Stams besteht, um ein paar Stereotype zu strapazieren, sondern dass zum "Wir" jeder gehört, der sich unserem Land verbunden und den Werten des Miteinander verpflichtet fühlt.

Wir brauchen Menschen wie Mireille Ngosso, weil sie nicht nur leuchtende Beispiele für gelungene Integration sind, auf die man, als Zuschauer quasi, verweisen kann, sondern weil Integration dann gelungen ist,

  • wenn es ganz normal ist, dass es mit uns leben, arbeiten, feiern
  • wenn sie mitten unter uns und aus uns heraus sichtbar sind und "etwas werden",
  • wenn sie nicht nur jene sind, über die wir bestimmen, sondern auch zu jenen gehören, die in Wirtschaft oder Politik  über uns bestimmen.

Schön, dass es Mireille Ngosso gibt.