Enthüllungen über antisemitische Liederbücher in Burschenschaften, fragwürdige Sager von FPÖ-Funktionären: Die Stimmung zwischen der aktuellen Regierung und jüdischen Vertretern im Land ist aktuell sichtbar angespannt. Die Israelitische Kultusgemeinde blieb sogar der Holocaust-Gedenkveranstaltung im Jänner fern, um ihren Unmut über die Anwesenheit freiheitliche Regierungsvertreter deutlich zu machen. Der Präsident der Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, bekräftigte zudem einmal mehr, auch weiterhin "mit der FPÖ nicht zu tun haben" zu wollen. Auch die von der Partei eingesetzte Historikerkommission, die die Geschichte der FPÖ durchleuchten und aufarbeiten soll, konnte an diesem Zerwürfnis bisher nichts ändern - die jüdischen Vertreter zeigten sich unbeeindruckt.

Anlässlich des 80. Jahrestages des "Anschlusses" an Nazi-Deutschland startet die Regierung nun einen neuen Versuch, um das Verhältnis zu verbessern: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) verkünden nun die Errichtung einer Schoah-Erinnerungsstätte. Im Gedenken an die rund 66.000 jüdischen Opfer soll in der Wiener Innenstadt eine Gedenkmauer errichtet werden, auf der die Namen aller getöteten Jüdinnen und Juden aus Österreich angeführt sein werden.

Vorbilder für einen solchen Bau gibt es bereits, unter anderem die Schoah-Gedenkstätte in Paris sowie das Nationaldenkmal für jüdische Märtyrer Belgiens in Brüssel. Die Namensauflistung erinnert zudem an das World-Trade-Center-Denkmal in New York City, auf dem die Namen all jener, die bei den Anschlägen des 11. September ums Leben gekommen sind, angeführt sind.

Drittes Denkmal dieser Art

Die Idee zu einer solchen Mauer gibt es seit Jahren, sie wurde von Kurt Yakov Tutter, Generalsekretär des Vereins Gedenkstätte, vorangetrieben. Mit ihm, der Stadt Wien und allen Beteiligten will sich die Regierung nun zusammentun, um das Denkmal zu realisieren. Man wolle „ein bleibendes Zeichen des Gedenkens und der Erinnerung setzen“, begründete Kanzler Kurz den Vorstoß. „Niemals dürfen wir vergessen, was diesen Menschen angetan wurde,“, ergänzte Vizekanzler Strache.

Wenn der Bau wirklich kommt, wird es das dritte Denkmal dieser Art in der Bundeshauptstadt sein. Am Judenplatz im ersten Gemeindebezirk befindet sich das „Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Schoah“ und gegenüber der Albertina erinnert ein Mahnmal des Bildhauers Alfred Hrdlicka an die Grausamkeit von Krieg und Faschismus.

Ein Ort für die Errichtung der Namensmauer ist noch nicht bekannt, die Regierung will nun keine Zeit verlieren. Der Bau der Schoah-Erinnerungsstätte soll bereits am Mittwoch im Ministerrat beschlossen werden.