Der Chef der Wiener Ärztekammer steht vor dem nächsten Karriereschritt: Thomas Szekeres wird wohl nächster Präsident der Österreichischen Ärztekammer werden, da Amtsinhaber Artur Wechselberger kommende Woche nicht mehr antritt. Szekeres gilt als gewiefter Taktiker und streitbarer Standesvertreter. Zuletzt gelang es ihm, zum zweiten Mal eine Ärztekammerwahl nicht zu gewinnen und trotzdem zu siegen.

Der heute 55-Jährige übte ab 2007 in der Kammer die Funktion des Vizepräsidenten aus. Dass mit ihm zu rechnen ist, wurde spätestens klar, als er als Betriebsrat im Wiener Allgemeinen Krankenhaus Proteste organisierte. Das Thema - es ging unter anderem um Dienstzeiten - sollte ihn noch länger beschäftigen. Dass er den Bund (der für die Medizinische Universität zuständig ist, die die AKH-Ärzte stellt, Anm.) dazu brachte, Extra-Geld locker zu machen, wurde auch als sein persönlicher Erfolg gewertet.

Bei der Kammerwahl 2012 schaffte er es als Spitzenkandidat der roten Ärzte trotzdem nicht, die VP-nahe Ärztevereinigung zu bezwingen. Was ihn nicht daran hinderte, dank Geschick bei den Koalitionsverhandlungen als Präsident aus der Vollversammlung hervorzugehen. Sein Herausforderer Johannes Steinhart hatte - so wie 2017 wieder - das Nachsehen.

Mit dem Kollegen fand er relativ rasch eine gemeinsame Linie, Seite an Seite wurde gegen einen gemeinsamen Gegner gefochten. Denn im Mittelpunkt der ersten Amtszeit des Ärztechefs stand die Auseinandersetzung um die Umsetzung des neuen Arbeitszeitgesetzes in den städtischen Spitälern. Die Konfrontation wurde zwar von gelegentlichen Einigungen unterbrochen, diese wurden meist aber rasch wieder verworfen. So wurde etwa nach mühsamen Verhandlungen mit der Stadt Anfang 2015 ein Pakt vorgelegt - der das glatte Gegenteil von einem Schlussstrich war.

Denn im März 2015 lehnten die Mediziner des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) das Resultat ab. Es hätte eine Anhebung der Grundgehälter, die Umstrukturierung der Dienstzeiten sowie eine Reduktion der Nachtdienste vorgesehen. Eine im Zuge der Strukturreform angekündigte Einsparung von Dienstposten sorgte aber für Unmut - der sich kurzfristig auch gegen Szekeres, der die Einigung mitverhandelt und abgenickt hatte - richtete. Auf Nachverhandlungen erfolgten neuerliche Abstimmungen, etwa in der Kurie der angestellten Ärzte, die ebenfalls keine Zustimmung erteilte.

Der Protest verlagerte sich zunehmend auch auf die Straße, wobei zunächst "nur" demonstriert wurde. Erst im September 2016 wurde erstmals ein Warnstreik samt Kundgebung am Stephansplatz abgehalten, wobei in erster Linie der geplante Entfall von Nachtdiensten bekrittelt wurde. Kammerpräsident Szekeres mutierte im Lauf der turbulenten Monate wenig überraschend zum Feindbild im Rathaus. Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) machte aus ihrem Groll gegen den obersten Ärztevertreter irgendwann keinen Hehl mehr.

Pikant war dabei die Tatsache, dass Szekeres als roter Vertreter ins Rennen gegangen war. Die Freude über den möglichen neuen Verbündeten, der die Vorherrschaft der Schwarzen in der Wiener Kammer beendet hatte, währte aber nur kurz. Und auch Szekeres selbst zog die Konsequenz: Er stellte seine Parteimitgliedschaft im Juni 2015 ruhend. "In meiner Funktion bin ich kein Parteipolitiker, sondern ich habe alle Ärzte zu vertreten. Ich habe das Gefühl, dass das innerhalb der SPÖ nicht ganz verstanden wird", stellte er klar.

Thomas Szekeres wurde am 6. April 1962 in Wien geboren. Sein Medizinstudium schloss er 1988 ab. 1994 begann er als Facharzt für Labordiagnostik zu arbeiten. 1997 wurde er zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt. Er arbeitet im Zentrallabor des AKH, sein Spezialgebiet ist dabei die Krebsforschung.