Was hält eine Gesellschaft zusammen? Mit dieser Frage lässt sich die Studie zu österreichischen Wertvorstellungen gut zusammenfassen, deren Ergebnisse Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) und OGM-Forscher Johannes Klotz gestern präsentierten. Befragt wurden nicht nur autochthone Österreicher und Österreicherinnen, sondern auch Personen mit Migrationshintergrund. Darunter versteht man in diesem Fall sowohl Menschen, deren Eltern im Ausland geboren sind, als auch jene, die selbst nach Österreich eingewandert sind. Bei den rund 1000 befragten Personen beträgt der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund 24 Prozent.
Das Ergebnis zeigt ein klares Bild: Die Menschen erwarten sich nicht primär Sachwissen, sondern vor allem die Einhaltung der österreichischen Grundwerte. Dazu gehört beispielsweise ein höflicher und respektvoller Umgang miteinander. Weitaus den höchsten Stellenwert hat der Zusammenhalt in Familie und Partnerschaft – fast 60 Prozent der Befragten nennen dies als höchste Priorität. Nur knapp dahinter liegt der Wunsch nach einem freien, selbstbestimmten Leben – Sicherheit rangiert bei geringem Abstand auf Platz 3.
Gerade in den Städten kommt es vermehrt zu Messerstechereien und anderen Übergriffen. Darauf reagiert die Politik zunehmend mit größerer Härte, etwa Waffenverbotszonen an neuralgischen Punkten. Für OGM-Forscher Klotz ist der hohe Stellenwert von Sicherheit allerdings Ausdruck eines umfassenderen Gefühls: „In Österreich wird das Gefühl der Sicherheit traditionsgemäß sehr viel breiter gefasst als nur die körperliche Unversehrtheit. Es gehört auch die Planbarkeit im Job oder die Wohnungssicherheit dazu“. Diesem Bedürfnis entspricht der hohe Anteil des sozialen Wohnbaus und auch das Ausmaß an Kollektivverträgen.
Religiöse Symbole haben hohen Stellenwert
Die Studie beleuchtet auch den Zugang zu Religion näher. Laut Klotz war besonders ein Ergebnis bemerkenswert: „Das Christentum ist in Österreich offenbar ein hohes kulturelles Erbe - denn auch wenn viele der befragten Personen gar keiner Glaubensgemeinschaft angehören, so will man trotzdem das Nikolaus- oder Weihnachtsfest als das erhalten, was es jetzt ist – auch in Schulen, wo die Mehrheit der Kinder nicht christlich ist“. Das zeigt sich auch in Zahlen: 69 Prozent der Befragten gaben an, das Kreuz im Klassenzimmer sei für sie gar ein kulturelles Erbe und solle definitiv seinen Platz an der Wand behalten.
Bemühungen zur Integration
Was die Integration angeht, sind sich die Befragten ebenfalls sehr einig: So solle, wer unsere Werte nicht befolgt, besser woanders leben. Diese Überzeugung teilen erstaunliche 95 Prozent – also auch der Großteil derjenigen befragten Personen, die selbst einen Migrationshintergrund haben. Ähnlich hoch sind die Erwartungen an Personen, die hier leben, aber die Landessprache nicht beherrschen.
Auf Grundlage dieser Ergebnisse will Integrationsministerin entsprechend hart mit all jenen umgehen, die an Werte- und Deutschkursen teilnehmen müssen, dem aber nicht nachkommen: „Wer sich verweigert, muss künftig mit Konsequenzen rechnen – bis hin zu Kürzungen von Sozialleistungen“, so die Integrationsministerin.
Ambivalenz bei Gleichstellung
Dass Mann und Frau dem Gesetz nach gleichgestellt sind, ist so in der Bundesverfassung verankert. De facto ist es aber so, dass Frauen immer noch in vielen Belangen hintangestellt sind, beispielsweise in der Medizin oder auch im Job. 99 Prozent der Befragten sind aber der Meinung, dass Frauen und Männer für gleiche Arbeit das gleiche Geld bekommen sollten. Dass dennoch mehr als die Hälfte findet, Frauen sollten nach der Geburt des gemeinsamen Kindes zu Hause bleiben und unbezahlte Care-Arbeit leisten, offenbart einen Widerspruch – der sich auch im Alltag vieler österreichischer Familien widerspiegelt.