18.26 Uhr:

Ein Mann ist direkt vor dem britischen Parlament während der historischen Brexit-Sondersitzung der Abgeordneten festgenommen worden. Der 29-Jährige versuchte am Samstagnachmittag, das Gebäude unbefugt zu betreten. Die Ermittlungen dauerten an, wie Scotland Yard mitteilte.

17.52 Uhr:

Die EU-Kommission nimmt das Votum des britischen Parlaments über einen Antrag auf Aufschub des britischen EU-Austritts "zur Kenntnis". Gleichzeitig forderte die Brüsseler Behörde die britische Regierung auf, "uns so bald wie möglich über die nächsten Schritte zu informieren", wie die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Samstag via Twitter mitteilte.

16.50 Uhr:

Der britische Abgeordnete Oliver Letwin, der mit seinem Antrag Premierminister Boris Johnson eine schwere Niederlage zugefügt hat, sieht seine Aufgabe nun offenbar als erfüllt an: Er werde sich nicht länger gegen die Regierung stellen, sagte der Tory-Parlamentarier im Unterhaus.

Letwin sagte, sein Vorstoß habe zum Ziel gehabt, einen ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober abzuwenden, sollte das notwendige Ratifizierungsgesetz nicht rechtzeitig verabschiedet werden.

16.20 Uhr:

Unser EU-Korrespondent Andreas Lieb analysiert den spannenden Parlamentstag in London: Nicht der Deal mit der EU sei abgelehnt worden, sondern die Art der Entscheidung. Lesen Sie hier mehr:

16.03 Uhr:

Was passiert jetzt? Wie immer ist vieles im Londoner Nebel verborgen. Denn ein Funken Chance besteht, dass der Austritt doch noch bis 31. Oktober klappt - auch wenn das überaus unrealistisch ist. Zunächst müsste die Prüfung der Details in Rekordzeit erfolgen, Johnson müsste dann das Gesetz sofort zu Beginn kommender Woche noch einmal vorlegen. Wenn die EU mit einer "technischen Verlängerung" um ein paar Wochen einverstanden ist und auch das EU-Parlament eine Möglichkeit der Ratifizerung findet, gibt es immer noch die Chance, all das noch vor Weihnachten abschließen zu können. Aber sie ist gering...

15.56 Uhr:

Labour-Chef Jeremy Corbyn besteht darauf, dass Johnson das Gesetz einhält.

15.51 Uhr:

Das Letwin Amendment ist mit 322 gegen 306 Stimmen angenommen worden - erste Reaktion von Boris Johnson: Er werde nicht um Verlängerung bitten. Die Annahme heißt, dass der Deal nun genauer geprüft werden muss, bevor er angenommen werden kann.

15.31 Uhr:

Jetzt wird es spannend - es wird über das "Letwin Amendment" abgestimmt - geht es durch, muss der ganze Deal verschoben werden. Labour stimmt dafür, DUP auch - es wird knapp.

14.21 Uhr:

Jetzt ist Theresa May am Wort - zum ersten Mal seit ihrem Rücktritt vor zwei Monaten. "Wollen wir den Brexit jetzt haben oder nicht?" fragt sie in die Runde. "Haben wir es wirklich so gemeint?" Es könne nur die Antwort Ja geben, folgert sie. Man könne nicht einfach ein zweites Referendum haben, nur weil einige mit dem Ergebnis des ersten nicht zufrieden seien. Wer wolle, dass es mit dem Land endlich weitergeht, der solle für den Deal stimmen. Lacher gibt es, als sie zu Beginn erwähnt, sie habe ein klares Gefühl von Deja vu...

13.47 Uhr:

Während im Unterhaus diskutiert wird, haben sich draußen bereits Zehntausende Menschen versammelt, um gegen den Brexit und für ein neues EU-Referendum zu demonstrieren.

13.24 Uhr:

Die Debatte hält an, inzwischen ist eine wichtige Entscheidung klar: Die Labour-Party hat angekündigt, dem Letwin-Antrag auf Aufschub zuzustimmen. In London kursieren Überlegungen, wonach sich die Abstimmung mit einem Plus von fünf Stimmen ausgehen könnte - die Folge wäre, dass die für heute geplante Entscheidung ein weiteres Mal verschoben wird und Boris Johnson die EU um weitere Verlängerung bitten muss.

12.31 Uhr:

Bei den Wortmeldungen klingt immer wieder durch, dass es an der Zeit ist, Fortschritte zu machen - das lässt sich auch so interpretieren, dass vielen das Theater zum Hals heraushängt, nach dem Motto: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Was sich ganz sicher einmal verschiebt, ist der heutige Zeitplan - die BBC meint: "Das wird noch ein langer, langer Tag..."

12.05 Uhr:

Entscheidend dürfte tatsächlich sein, wie die Abstimmung über den Letvin-Antrag ausgeht. Zuletzt hat auch die Liberale Abgeordnete Luciana Berger darauf hingewiesen, dass man ja kaum über einen Deal abstimmen könne, dessen wirtschaftliche und politische Details noch nicht genau abschätzbar seien. Johnson antwortete mit dem eher dürftigen Argument, führende Persönlichkeiten aus der Wirtschaft seien dafür, etwa Mark Carney, Gouverneur der Bank of England.

11.49 Uhr:

Unklar ist noch, wann genau über den Letwin-Antrag abgestimmt wird. Unser London-Korrespondent Peter Nonnenmacher weiß dazu: Die Regierung scheint sogar zu erwägen, die Abgeordneten "nach Hause zu schicken", falls der Antrag durchkommt, d.h. in diesem Fall gar keine Abstimmung über den Deal selbst zuzulassen.  Sollte über den Deal abgestimmt werden und sollte er keine Mehrheit finden, soll es auch eine Abstimmung über ein zweites Referendum geben.

11.33 Uhr:

Von einer "Grenze" in der irischen See könne keine Rede sein, versucht Johnson Argumente zu entkräften. Eine Antwort auf die Frage von Angela Eagle (Labour), warum "um alles in der Welt" man ihm glauben solle, nachdem das immer wieder ausgeschlossen worden war, nun aber doch zu kommen scheint.

11.20 Uhr:

Auch dafür ist Zeit - inmitten einer der wichtigsten Debatten für das Schicksal Großbritanniens gratuliert Premier Boris Johnson der heimischen Rugby-Mannschaft zum Sieg über Australien.

10.59 Uhr:

Inzwischen ist Labour-Chef Jeremy Corbyn am Wort. Er hält an seinen Argumenten fest: Der Johnson-Deal sei noch miserabler als der von Theresa May. Corbyn bringt den Verlust Tausender Arbeitsplätze, etwa in der Autoindustrie, ins Spiel - wer für den Deal stimme, stimme für den Verlust von Arbeitsplätzen. Er appelliert an die Abgeordneten: Gebt Boris keinen Blankoscheck!

10. 51 Uhr:

"Speaker" John Bercow hat erklärt, dass er die Abstimmung über die Anträge von Oliver Letwin und Hilary Benn zulassen wird - das könnte eine weitere Verschiebung bedeuten.

10.50 Uhr:

Boris Johnson versucht, den Deal zu erklären und vor allem die Protestanten auf seine Seite zu ziehen.

10.38 Uhr:

Noch bevor die Debatte losgeht, ist schon wieder von einer Verschiebung des Austrittstermins die Rede; entweder, weil das Unterhaus heute Nein sagt - dann muss Boris Johnson laut Gesetz die EU um eine Verschiebung bitten. Oder, weil ein Antrag des Abgeordneten Sir Oliver Letwin durchgeht, der eine grundsätzliche Verschiebung zum Ziel hat - mit dem Hintergrund, dass das Parlament einfach mehr Zeit braucht, um sich mit den doch komplexen Details des neuen Deals zu befassen.

10.22 Uhr:

In wenigen Minuten geht es im britischen Unterhaus los, Premierminister Boris Johnson wird über den mit der EU abgeschlossenen Deal referieren. Es wird ein langer Tag mit ungewissem Ausgang.

Live aus dem britischen Unterhaus:

Die bisherigen Ereignisse im Zeitraffer

Vor der Abstimmung über seinen Brexit-Deal am Samstag im Unterhaus hat der britische Premierminister Boris Johnson parteiübergreifend um Unterstützung geworben. "Worauf es jetzt wirklich ankommt, ist dass Abgeordnete aller Parteien zusammenkommen, um diese Sache durchzuziehen", sagte Johnson in einem BBC-Interview am Freitagabend.

Die Abgeordneten sollen in einer in den Medien als "Super Saturday" bezeichneten historischen Sondersitzung über den kürzlich vereinbarten neuen Brexit-Deal abstimmen. Seit dem Falklandkrieg vor 37 Jahren hat es keine Parlamentssitzung mehr an einem Samstag gegeben. Das Unterhaus tritt um 10.30 Uhr (MESZ) zusammen. Den Auftakt gibt Johnson mit einem Statement zum Verlauf des EU-Gipfels und zu seinem Brexit-Abkommen. Anschließend dürfte es eine mehrstündige Debatte geben. Mit dem Beginn der Abstimmungen wird gegen 15.30 Uhr (MESZ) gerechnet.

Unter Druck

Johnson steht unter Druck, die Zustimmung des Unterhauses zu seinem Deal noch am Samstag zu erhalten. Sonst ist er per Gesetz verpflichtet, einen Antrag auf Verlängerung der am 31. Oktober auslaufenden Brexit-Frist in Brüssel zu beantragen. Bei einer Niederlage könnte Johnson auch versuchen, die eigene Regierung durch eine Vertrauensabstimmung zu Fall zu bringen und so eine Neuwahl auszulösen. Ausschließen wollte er das in einem Interview mit dem britischen Sender ITV am Freitagabend nicht.

Könnte knapp werden

Der Premierminister hat keine eigene Mehrheit im Parlament. Er ist daher auf die Unterstützung aus der Opposition angewiesen. Neben einer Reihen von Abgeordneten, die er im September aus der Fraktion geworfen hat, dürfte Johnson vor allem versuchen, Labour-Abgeordnete auf seine Seite zu ziehen. Der Ausgang der Abstimmung könnte nach Ansicht britischer Medien denkbar knapp ausfallen.

Die Koalition gegen einen No-Deal-Brexit, die Johnson im Unterhaus inzwischen rund ein halbes Dutzend Niederlagen beschert hat, ist gespalten. Ein Teil will den Widerstand aufgeben, andere sorgen sich, dass der Premier mit dem Deal bereits die Weichen für eine künftige Beziehung mit der EU stellt, die weniger von Partnerschaft als vielmehr von Konkurrenz geprägt ist. Beispielsweise könnte Johnson versuchen, Großbritannien durch geringere Steuern für Unternehmen und niedrigere Arbeitnehmer- und Umweltstandards einen Standortvorteil zu verschaffen. Johnson streitet das zwar ab, aber viele sehen darin lediglich den Versuch, Labour-Abgeordnete auf seine Seite zu ziehen.

Furcht vor ungeregeltem Austritt

Manche fürchten gar, der Premierminister könnte doch noch einen ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober herbeiführen, indem er die Ratifizierung des Brexit-Vertrags scheitern lässt. Sollte der Deal am Samstag durchgehen und Großbritannien rechtzeitig ausscheiden wollen, müsste das Parlament vor dem 31. Oktober noch den Austrittsvertrag mit einem Gesetzgebungsverfahren ratifizieren. Gelänge das nicht, wäre ein No-Deal-Brexit die Folge.

Zur Beschlussvorlage der Regierung lagen am Freitagabend drei Änderungsanträge vor. Ob sie zur Abstimmung kommen, entscheidet Parlamentspräsident John Bercow. Es könnten theoretisch kurzfristig auch noch weitere Anträge eingebracht werden. Über die ausgewählten Änderungsanträge wird zuerst abgestimmt. Dann erst steht die gegebenenfalls veränderte Beschlussvorlage zur Abstimmung.

Dritter Antrag aussichtsreich

Zwei Anträgen der Schottischen Nationalpartei SNP werden keine Chancen ausgerechnet. Ein dritter, parteiübergreifender Antrag scheint dagegen aussichtsreich. Er sieht vor, das Abkommen zwar nicht rundheraus abzulehnen, aber die Entscheidung darüber zu verschieben, bis das Gesetz zur Ratifizierung verabschiedet wird. Das würde Johnson dazu zwingen, eine Verlängerung der Brexit-Frist zu beantragen, und das Ringen um die Zukunft des Landes in eine weitere Runde befördern. Dafür machte sich Ex-Finanzminister Philip Hammond stark. Er werde nicht für einen "stark getarnten No Deal Ende 2020" stimmen, schrieb Hammond in einem Gastbeitrag in der "Times" (Samstagsausgabe).

318 Stimmen nötig

Johnson benötigt mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen im Unterhaus. Von den 650 Mitgliedern nehmen nur 643 ihre Mandate wahr, da die sieben Abgeordneten der nordirisch-republikanischen Sinn Fein das Parlament in Westminster boykottieren. Parlamentspräsident John Bercow und seine drei Stellvertreter stimmen ebenfalls nicht ab. Auch die Stimmen von jeweils zwei Abgeordneten auf jeder Seite, die das Ergebnis auszählen, werden nicht eingerechnet. Übrig bleiben 635. Mit 318 Stimmen hätte Johnson also eine sichere Mehrheit. Doch in seiner Fraktion sitzen nur 288 Abgeordnete. Seine ehemaligen Verbündeten von der nordirisch-protestantischen DUP wollen den Deal geschlossen ablehnen. Er muss also auf die Opposition hoffen.

Gemischte Gefühle

In der Wirtschaft herrschen gemischte Gefühle hinsichtlich des neuen Brexit-Abkommens. "Wenn der Deal im Parlament durchgeht, gibt es bei den Firmen natürlich ein gewisses Aufatmen - aber die Unsicherheit bleibt", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer, Ulrich Hoppe, der Deutschen Presse-Agentur in London. "Es ist ja noch nicht im Detail bekannt, was nach der Übergangsphase passieren wird." Die Unternehmen wollten einfach nur Klarheit haben.

Etwa 2500 deutsche Firmen sind in Großbritannien tätig. In einer Umfrage der Handelskammer hatten 90 Prozent der Unternehmen das No-Deal-Szenario abgelehnt, wie Hoppe weiter berichtete.

Demonstration

Brexit-Gegner wollen am Samstag in einer großen Demonstration in London für eine Abkehr vom EU-Austritt werben.

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger schloss indes Änderungen am vorliegenden Brexit-Abkommen kategorisch aus. Wenn das von den EU-Staats- und Regierungschefs abgesegnete Abkommen vom britischen Unterhaus abgelehnt werde, sehe er "keinen dritten Weg neben diesem Abkommen und einem harten Brexit ohne ein Abkommen", sagte Oettinger der Zeitung "Welt am Sonntag".

Die Ratingagentur Fitch hat unterdessen trotz der Brexit-Unsicherheit die Einstufung Großbritanniens bei "AA" belassen. Das gaben die amerikanischen Bonitätswächter am Freitag bekannt.