Großbritannien müssen einen "Mehrwert" liefern, wenn es von der EU einen weiteren Brexit-Aufschub wolle, verlangte Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) am Montag in Luxemburg. "Der letzte Moment, zu dem wir etwas bekommen können, wäre Mittwoch zu Mittag", sagte Kneissl vor einem EU-Außenministerrat.

Großbritannien müsste "ein Papier mit Inhalt" vorlegen, das "einen Mehrwert" habe, sodass die EU-27 darüber abstimmen könnten. "Sollten die Briten mit einem Mehrwert an Verhandlungsmasse kommen, der die Zustimmung der 27 verbleibenden EU-Staaten findet, dann wird man eine weitere Verlängerung ansprechen, dann werden die Briten an einer Europawahl teilnahmen, und wir haben all die anderen Folgewirkungen", sagte Kneissl.

"Ein Trauerspiel"

Die Außenministerin wollte nicht einschätzen, zu wie viel Prozent ein ungeordneter, harter Brexit noch wahrscheinlich sei. Dies sei "wie ein schwer lösbares Enigma", so Kneissl. "Wir haben eine demokratiepolitische Krise in Großbritannien", meinte die Außenministerin. Für die Wählerschaft in der EU sei dies auch "ein Trauerspiel". Sie wünsch sich eine "aktive Teilnahme" bei der Europawahl. "Wir dürfen nicht eine demokratiepolitische Müdigkeit riskieren."

Die derzeit geltende Brexit-Verlängerung bis 12. April sei nicht willkürlich gewählt worden, sondern erkläre sich aus der Logik der Europawahlen, sagte Kneissl. Bis zum Freitag müssten sich die teilnehmenden Personen in die Listen eintragen. "Welche britischen Politiker werden sich in die Listen eintragen?", fragte Kneissl. Ohne Europawahlen wäre vieles einfacher und man könnte über Friststreckungen über Jahresende hinaus nachdenken, so die Außenministerin.

Kurz wünscht sich Vermeidung eines "Hard Brexit"

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sieht die Einheit der EU-27 als oberstes Ziel beim Brexit. Das zweite Ziel sei die Vermeidung eines "Hard Brexit" und das dritte, dass die Briten nicht an den EU-Wahlen teilnehmen, weil dies absurd wäre, so Kurz am Montag beim EU-Hauptausschuss des Nationalrats.

Was die Möglichkeit einer Zollunion betrifft, betonte Kurz, dass dies kein Aufschnüren des Austrittsabkommens bedeuten würde. Die Einheit der EU-27 habe bisher "für mein Gefühl deutlich besser als ich erwartet hätte" gehalten. "Wenn es gelingt, die Einheit zu wahren, haben wir schon ganz viel geschafft. Wenn es nicht gelingt, importieren wir Chaos aus Großbritannien in die EU", warnte Kurz. "Viel wichtiger als das, was rauskommt, ist, dass alle Institutionen und die 27 damit leben können".

Wenn es gelinge, alle drei genannten Ziele zu erreichen, wäre dies "wunderschön", meinte der Bundeskanzler. Wenn nur das erste Ziel der Einheit erreicht werde, wäre dies deutlich schlechter, doch müsste man das zur Kenntnis nehmen. "Ich bin zumindest für Ziel eins recht optimistisch". Auch beim zweiten Ziel, der Vermeidung eines ungeregelten Austritts, "bin ich noch relativ optimistisch". Er werde heute Abend mit der britischen Premierministerin Theresa May nochmals reden, kündigte Kurz an.

Kurz kritisiert Tusk

Auf Fragen der Abgeordneten nach den jüngsten Vorschlägen in Richtung möglicher Fristverlängerung für die Briten sagte Kurz, er wolle sich daran nicht beteiligen. Er habe "sehr wohl mitverfolgt, wie sich (EU-Ratspräsident Donald) Tusk und andere zu Wort gemeldet haben, was man tun könnte, wenn doch keine Mehrheit im britischen Unterhaus" herauskomme. "Ob das die Verhandlungsposition der EU verbessert hat, wage ich zu bezweifeln", so der Kanzler. Er wolle auch nicht "unbedingt zelebrieren, was passieren könnte, wenn Labour und Tories sich auf nichts einigen können. Das macht es nicht unbedingt besser, das groß zu zelebrieren".

Auf die Frage nach einer allfälligen Verschiebung merkte Kurz generell an: Unter gewissen Bedingungen ja, aber grundsätzlich eher nicht.

EU-Minister Gernot Blümel erklärte zur Forderung des SPÖ-Abgeordneten Andreas Schieder nach einem Runden Tisch für den Fall eines Hard Brexit, dass schon eine Lenkungsgruppe existiere. Außerdem habe es eine eigene Landeshauptleute-Konferenz gegeben, um die Vorbereitungen zu machen.