Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hat mangelndes strategisches und geopolitisches Denken der Europäer gegenüber China kritisiert. Vor Beratungen der EU-Außenminister in Brüssel sagte Kneissl am Montag in Hinblick auf den Brexit: "Wir haben eine Selbstbeschäftigung seit knapp eineinhalb Jahren, anstatt uns um die wirklich großen Probleme zu kümmern."

Die EU sollte Abstand nehmen von "Erbsenzählerei", sondern sich den großen geopolitischen Umwälzungen hinwenden, forderte Kneissl. So gewinne der asiatisch-pazifische Raum an Bedeutung, und China sei längst nicht mehr nur Investor, sondern ein geopolitischer Akteur. Dies spreche sich viel zu langsam in gewissen Kreisen, auch in Brüssel, herum. Um "europäische Champions" zu schaffen, müsse Europa schlauer und schneller sein. Es gehe hier um Wettbewerbspolitik und um ein richtiges Zusammenspiel zwischen der EU-Kommission und den EU-Mitgliedstaaten.

Gegenüber China hätten die Europäer ein "16 plus 1-Format", um gewisse Partnerschaften umzusetzen, daneben gebe es noch die gemeinsame EU-Strategie. "Das schafft Parallelaktionen", kritisierte Kneissl. Wenn chinesische Staatskonzerne als Kreditgeber auftreten, gehe es nicht nur um finanzielle Aspekte, sondern auch um geopolitische. "Wir müssen in einem viel besseren Tandem miteinander vorgehen."

Beim Brexit ist es nach Ansicht von Kneissl "noch nicht ganz gegessen", ob es im britischen Unterhaus zu einer dritten Abstimmung über den Austrittsvertrag mit der EU kommt. Es gebe derzeit ein Abtasten innerhalb des Parlaments, ob man eine neue Schlappe verhindern könne, es sei "eine ganz verfahrene innerbritische Debatte".

Der deutsche Außenminister Heiko Maas sagte, man müsse sehen, was die Briten wollten, wie lange und welcher Grund und welches Ziel der Verlängerung. "Bevor es zu einem harten Brexit kommt, ist eine Ehrenrunde zu drehen sinnvoller", sagte Maas. Je länger die Verschiebung dauere, desto schwieriger werde es.