Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bürgerinnen und Bürger der EU in einer emotionalen Rede im Europaparlament auf den gemeinsamen Kampf gegen Russland eingeschworen. "Nur unser unweigerlicher Sieg wird die gemeinsamen europäischen Werte wahren", sagte der 45-jährige Staatschef am Donnerstag im Plenum des Brüsseler Parlaments. Zugleich bedankte er sich in seiner rund 15-minütigen Ansprache für die Hilfe im Krieg gegen Russland.

Die Abgeordneten erhoben sich am Donnerstag von ihren Sitzen und applaudierten dem Staatschef. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola betonte, die Ukraine kämpfe für die Werte Europas. "Die Zukunft Ihrer Nation ist in der Europäischen Union", sagte Metsola an Selenskyj gewandt. 

Selenskyj bedankte sich in einer emotionalen Rede für die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger der EU im Kampf gegen Russland. Der Beifall der Abgeordneten im Plenum richte sich nicht an ihn selbst, sondern an alle in den Städten und Dörfern, die die Ukraine unterstützten, sagte der 45-Jährige am Donnerstag in Brüssel.

Er dankte für die Lieferung von Waffen und Munition, von Brennstoffen und Energie, von all den Tausenden Dingen, "die wir in diesem brutalen Krieg brauchen". Dem Parlament dankte er dafür, den Krieg kurz nach Beginn der Invasion verurteilt und sich dafür ausgesprochen zu haben, die Ukraine zu einem EU-Beitrittskandidaten zu machen. Es gehe darum, die europäisch-ukrainische Lebensweise zu verteidigen, sagte Selenskyj. Nach der Rede im Parlament wird Selenskyj zu einem Gipfeltreffen mit den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten erwartet.

Die Ukraine verteidigt sich seit fast einem Jahr gegen eine russische Invasion. Zugleich strebt das osteuropäische Land in die Europäische Union. "Für die Ukraine ist es der Weg nach Hause", sagte Selenskyj, der nicht wie sonst häufig im olivgrünen, sondern im schwarzen Pullover mit dem Schriftzug "United24" auftrat. Dies weist auf die von ihm gestartete gleichnamige Spendenplattform für die Ukraine hin.

"Es geht nicht nur um Territorium"

In seiner Rede im Parlament hob Selenskyj vor allem den Unterschied zwischen der "europäisch-ukrainischen" und der russischen Lebensweise hervor. "Es wird versucht, den europäischen 'Way of life' mit einem totalen Krieg zu zerstören. (...) Wir lassen das nicht zu." In Russlands brutalem Krieg gehe es nicht nur um Territorium. Zugleich seien Menschenleben in Russland nichts mehr wert. "Wir verteidigen uns gegen die antieuropäischste Kraft der zeitgenössischen Welt. Wir Ukrainer auf dem Schlachtfeld zusammen mit Ihnen." Selenskyj sprach von einem "historischen Kampf".

Die EU-Parlamentspräsidentin sprach sich dafür aus, der Ukraine Kampfjets zu liefern. "Nun müssen die Staaten als nächsten Schritt erwägen, rasch weitreichende Systeme und Flugzeuge bereitzustellen", sagte sie. Diese würden benötigt, um die Freiheit zu schützen, die zu viele für selbstverständlich gehalten hätten. 

Das osteuropäische Land will noch in diesem Jahr mit Verhandlungen über den EU-Beitritt beginnen, darüber müssen jedoch die 27 Mitgliedstaaten einstimmig entscheiden. Nach der Rede im Parlament wird Selenskyj zu einem Gipfeltreffen mit den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten erwartet.

Die Auslandsreise Selenskyjs ist erst die zweite seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar vergangenen Jahres. Im Dezember war er nach einem Zwischenstopp in Polen in den USA. Seine aktuelle Reise begann Selenskyj am Mittwoch in Großbritannien, wo er auch Premierminister Rishi Sunak sowie König Charles III. traf. Am Abend stand in Paris zudem ein Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Programm. Heute reiste er dann gemeinsam mit Macron von Paris nach Brüssel.