Der russische Starregisseur Kirill Serebrennikow bleibt in Freiheit. Ein Bezirksgericht in Moskau verurteilte den 50-Jährigen am Freitag zu drei Jahren Haft - die Strafe wurde aber zur Bewährung ausgesetzt. Es sei nicht nötig, ihn von der Gesellschaft zu isolieren, sagte die Richterin Olessja Mendelejewa am Freitag der Agentur Interfax zufolge.

Sie verhängte aber ein Verbot gegen ihn, weiter als Theaterdirektor zu arbeiten. Zudem sollten er und sein Team die veruntreute Summe von 129 Millionen Rubel (1,6 Millionen Euro) in die Staatskasse zurückzahlen. Vor dem Gerichtsgebäude brach nach der Urteilsverkündung Jubel unter den Demonstranten aus.

Schauprozess

Das Verfahren gegen den auch im deutschen Sprachraum bekannten Künstler gilt als Schauprozess gegen die liberale Kunstszene in Russland. Im April 2021 soll seine Inszenierung von Richard Wagners "Parsifal" in der Wiener Staatsoper zu sehen sein.

Das Verfahren gegen Serebrennikow wurde national und international als politischer Prozess kritisiert. Mehr als 3000 prominente russische Kulturschaffende haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie sich für Serebrennikow stark machen. Auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und internationale Stars hatten sich für den Filme- und Theatermacher eingesetzt.

Dem Theater- und Filmregisseur Kirill Serebrennikow drohten sechs Jahre Straflager. Im August 2017 wurde er, damals Leiter des Gogol-Centers in Moskau, festgenommen. Er saß eine Zeit lang in Haft und war dann eineinhalb Jahre unter Hausarrest.

Letzten Herbst sah es aus, als würde der Fall fallengelassen. Eine Richterin kam zum Schluss, dass der Vorwurf der Veruntreuung von Fördergeldern nicht nachgewiesen werden könne. Doch die Staatsanwaltschaft zog den Fall weiter.

"Free Kirill!"

Viele Schauspieler, Sänger und Kulturschaffende erschienen am Freitag vor dem Gerichtsgebäude in Moskau. Sie empfingen Serebrennikow mit Beifall. Viele trugen T-Shirts mit der Aufschrift "Free Kirill!", insgesamt seien etwa 400 Menschen dort, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichtete.

In einer Videoschaltung des Senders Echo Moskwy, der über die Urteilsverkündung live im Internet berichtete, sagte der wegen der schwierigen Lage für die Kultur in Russland ausgewanderte Kunstexperte Marat Gelman, dass sich Serebrennikow Feinde im Kreml gemacht habe. Serebrennikow habe sich aber niemals bereichert, betonte er. Der Theatermacher soll allerdings 129 Millionen Rubel (1,6 Millionen Euro) unterschlagen haben.

Der Starregisseur übt in seinen Filmen und Theateraufführungen immer wieder auch Gesellschaftskritik. Serebrennikow hatte in seinem Schlusswort am Montag seine Unschuld beteuert und hervorgehoben, dass in dem Verfahren keine Beweise vorgelegt worden seien. Zugleich räumte er ein, dass die Buchhaltung seines Theaters schrecklich organisiert gewesen sei. Er verstehe aber nichts von Buchhaltung und Finanzen, sagte er. Deshalb gebe es Experten dafür. Eine Buchhalterin hatte Serebrennikow belastet. Ihr Fall wird in einem getrennten Verfahren behandelt.

Mit Serebrennikow standen auch seine Kollegen Sofja Apfelbaum und Alexej Malobrodski sowie Juri Itin vor Gericht. Die Ermittlungen gegen das Team liefen seit Sommer 2017.