Als Österreich begann, den Weg in die „neue Normalität“ zu beschreiten, erschallte, obwohl etwa Zweitwohnungsbesitzer im Ausseerland für nicht willkommen erklärt wurden, aus der Tourismusbranche der Ruf, man könne sich diese Normalität nicht ohne unsere deutschen Freunde als zahlungskräftige Urlauber vorstellen. Der österreichische Gast allein würde die Genesung der Tourismusbetriebe nicht schultern können. Also schickte die Regierung unsere Tourismusministerin in eine Pressekonferenz, um die Öffnung der deutschen Grenzen und damit auch ebensolche Urlauber herbeizulächeln.

Die Antwort war deutlich. So der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sinngemäß: „Wer Österreich anschauen will, kann das in Bayern auch tun.“ Man traf sich auf dem gleichen Niveau, nicht nur vom Stil her. Wirtschaftlicher Egoismus geht vor. Alles, was wir uns mit einer „grenzenlosen“ EU erträumten, ist Nebengeleise. Frei nach Trump: „Austria first, Germany first.“

Das alles ist nun Geschichte. Mitte Juni öffnen sich die Grenzen zu Deutschland. Niemand in der Regierung schert sich darum, dass es auch Menschen gibt, die sich nach dem Süden sehnen. Wirtschaftsinteressen vor individuelle Bedürfnisse. Das ist ein Schlag nicht nur gegen Werte der EU, sondern auch gegen die demokratische Selbstverständlichkeit, sich um die Wünsche der Bürger zu kümmern.

Slowenien, Kroatien und Griechenland haben, von den Corona-Fallzahlen her gesehen, ähnliche Verhältnisse wie Österreich. Eine Regierung und ein Außenminister, die ihre Aufgaben ernst nehmen, würden sich bemühen, den Österreichern die Wege in den Süden frei zu machen und für Griechenlandreisende Korridore durch die Nicht-EU-Staaten auszuverhandeln. Kein Wort davon in den vielen Pressekonferenzen.
Die Antwort der Regierenden scheint zu sein: „Die sollen gefälligst in Österreich Urlaub machen.“ Corona wird in dem Fall vorgeschoben, um Bürgern ihre Freiheit zu nehmen.

Solche Vorgehensweisen hat man vor 1989 anderen Regimen vorgeworfen.

Kurt Flecker war Soziallandesrat der SPÖ in der Steiermark.