Trotz internationalen Drucks wird die Europäische Kommission einem Medienbericht zufolge vorerst nicht gegen die umstrittene Notstandsgesetzgebung der ungarischen Regierung in der Coronakrise vorgehen. Das berichtet die "Welt" unter Berufung auf informierte Kreise in der EU-Kommission.

Nach Auswertung der Pandemie-Notstandsgesetze in den betroffenen EU-Ländern seien die Rechtsexperten der Kommission in internen Stellungnahmen zur Bewertung gekommen, dass sich im Fall Ungarns derzeit keine konkreten Ansatzpunkte für die Verletzung demokratischer Grundrechte ergäben und darum keine unmittelbaren Gegenmaßnahmen aus Brüssel erforderlich seien.

"Genau beobachten"

"Wir sind besorgt über die Notstandsgesetzgebung in Ungarn und werden genau beobachten, wie die ungarische Regierung in den kommenden Monaten die Maßnahmen in der Praxis anwenden wird", zitiert die "Welt" hohe EU-Beamte.

Außerdem werde in Kommissionskreisen betont, dass Teile der ungarischen Notstandsgesetzgebung – etwa außergewöhnlich hohe Haftstrafen für die Verbreitung von Falschnachrichten oder die Rolle des Parlaments bei der Beendigung der Notstandsgesetze – „sehr vage“ formuliert seien und darum einer genauen Beobachtung durch die Kommission bedürfen, schreibt die "Welt".

Ungarns Gesetzgebung hat Kritiker bereits lange vor Ausbruch der Corona-Krise alarmiert. Sie werfen Ministerpräsident Viktor Orbán seit Jahren einen Abbau des Rechtsstaats sowie Einschränkungen der Pressefreiheit und auch Korruption vor. Seit September 2018 läuft auf Initiative des EU-Parlaments ein sogenanntes Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 gegen Budapest.

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