Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drängt auf eine Rückkehr von einer Million syrischer Flüchtlinge in ihr Heimatland. Es müsse "eine Formel" gefunden werden, damit Flüchtlinge, die in die Türkei gekommen seien, wieder in ihrer Heimat angesiedelt werden könnten, sagte Erdogan am Dienstag auf dem UN-Flüchtlingsforum in Genf.

Dies solle in einer "Friedenszone" im Norden Syriens auf freiwilliger Basis, aber "in einer sehr kurzen Zeit" geschehen. In dieser Zone könnten Wohnungen und Schulen aufgebaut werden.

3,7 Million Syrer haben in der Türkei vor dem seit fast neun Jahren tobenden Konflikt Zuflucht gefunden. Im Oktober hatte die Türkei mit einem Militäreinsatz gegen die Kurdenmiliz YPG im Norden Syriens begonnen, um dort einen von der Regierung in Ankara als Sicherheitszone bezeichneten Korridor einzurichten, in dem Bürgerkriegsflüchtlinge angesiedelt werden sollen. Seit dem Einsatz seien bereits 371.000 syrische Flüchtlinge in das Gebiet gezogen, sagte Erdogan.

Exakt ein Jahr nach der Einigung auf den "Globalen Flüchtlingspakt"der Vereinten Nationen in New York findet heute und morgen das erste Globale Flüchtlingsforum in Genf statt. Es soll um die Erreichung der im Pakt verabschiedeten Ziele gehen. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) hofft auf konkrete Zusagen - finanzieller und technischer Natur.

Und die sind dringend notwendig: Für 2020 schätzt das UNHCR seinen Bedarf auf 8,64 Milliarden US-Dollar (7,75 Mrd. Euro). Doch während die benötigten Ressourcen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen sind, blieben die Zusagen insgesamt auf gleichem Niveau. So standen 2018 nur etwa 60 Prozent der notwendigen Mittel auch tatsächlich zur Verfügung.

Zwar soll das Flüchtlingsforum, das ab heuer alle vier Jahre abgehalten wird, keine "klassische Geberkonferenz" sein, wie das UNHCR betont. Es biete aber die Gelegenheit, "konkrete Beiträge und Zusagen" bekanntzugeben, hieß es im Vorfeld. Rechtlich bindend sind die Zusagen nicht. Ab 2023 soll im Rahmen des Forums allerdings überprüft werden, ob frühere Zusagen eingehalten wurden.

Es wird aber auch um Maßnahmen für den internationalen Flüchtlingsschutz im Allgemeinen gehen, wie der Leiter des UNHCR-Büros in Wien, Christoph Pinter, im APA-Gespräch bekräftigte. Im Vordergrund stehen die Themen Bildung, Zugang zu Arbeit, Infrastruktur und Gesundheitsversorgung in den Krisen- sowie Aufnahmeländern selbst - Stichwort "Hilfe vor Ort". Die internationale Gemeinschaft will zudem über "Verantwortungsteilung" beraten, wobei es dabei "nicht so sehr um Quoten" gehe, so Pinter, sondern darum, wie bessere und schnellere Antworten auf künftige Migrationsbewegungen gefunden werden können.

Deshalb sollen auch mehr Akteure ins Boot geholt werden, neben der Politik - in Genf werden einige Staats- und Regierungschefs, Minister sowie der UNO-Generalsekretär Antonio Guterres erwartet - sind auch Vertreter aus der Wirtschaft, Zivilgesellschaft, religiöse Organisationen sowie Wissenschafter und Experten zum Flüchtlingsforum eingeladen. Insgesamt rechnet man mit rund 1.200 Teilnehmern. Österreich wird auf Beamtenebene vertreten sein.

Mit konkreten Zusagen aus Wien ist nicht zu rechnen, so lange die Übergangsregierung im Amt ist. "Unser Appell an die nächste Bundesregierung ist aber: Das Flüchtlingsforum ist nicht die einzige Möglichkeit, um Zusagen zu machen", so Pinter. Man erwarte vor allem eine Aufstockung der humanitären Hilfe - der Auslandskatastrophenfonds (AKF) ist mit 20 Millionen Euro jährlich im internationalen Vergleich recht niedrig dotiert - sowie mehr Engagement im Bereich Integration und eine Wiederaufnahme des Resettlement-Programms der UNO.

Umsiedelung

Durch Resettlement (Umsiedelung) erhalten besonders schutzbedürftige - vom UNHCR bereits anerkannte - Flüchtlinge einen legalen und sicheren Weg nach Europa. Österreich setzte das Programm bereits Anfang 2017 unter Türkis-Blau aus. Seitens des Flüchtlingshochkommissariats gebe es den Wunsch, erklärt Pinter, dass sich wieder mehr Staaten an dem Resettlement-Programm beteiligen. Vor allem die USA hätten unter Donald Trump ihre Plätze dafür kontinuierlich reduziert, dies habe bisher kein anderes Land aufgefangen. Im Jahr 2020 werden etwa 1,44 Millionen Menschen Resettlement-Plätze benötigen.

Die Annahme des "Global Refugee Compact" (Globaler Flüchtlingspakt), über den rund zwei Jahre lang verhandelt wurde, bezeichnet Pinter als "Meilenstein". Rechtlich bindend ist er zwar nicht, aber doch ein beachtliches Zeichen, "in Zeiten, in denen Multilateralismus nicht so groß geschrieben wird", wie der UNHCR-Österreich-Chef einräumt. Für den Umgang mit Flüchtlingen gelten weiter die Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) von 1951 und anderer internationaler Abkommen. Trotzdem stimmten die USA sowie Ungarn gegen den Flüchtlingspakt, drei Länder enthielten sich, sieben blieben der Abstimmung fern. Österreich, das zwar dem Migrationspakt fern geblieben war, unterstützt ihn.

2018 stieg die Zahl der Flüchtlinge weltweit auf einen Rekordwert von über 70 Millionen - noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es so viele Menschen, die vor Krieg, Konflikten und Verfolgung geflohen sind. Aber auch der Klimawandel spielt beim Thema Migration zunehmend eine Rolle. So schätzt etwa die Hilfsorganisation Oxfam, dass durch Klima-Katastrophen rund 20 Millionen Menschen jährlich dazu veranlasst werden, innerhalb der eigenen Landesgrenzen Zuflucht zu suchen. Nur ein kleiner Bruchteil der weltweiten Flüchtenden kommt nach Europa.