Die USA haben das türkische Militär wegen der Invasion im Norden Syriens weitgehend aus der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz Islamischen Staat (IS) ausgeschlossen. Die Türkei erhalte im Hauptquartier auf dem Luftwaffenstützpunkt im katarischen Al-Udeid keinerlei Aufklärungs- oder Operationsdaten der Allianz, berichtete "Spiegel Online" am Mittwoch.

Das US-Verteidigungsministerium habe dies bereits am 9. Oktober angeordnet, als das türkische Militär die ersten Luftangriffe im Norden Syriens flog und kurdische Stellungen mit Artillerie beschoss. Aus deutschen Militärkreisen wurde der Schritt am Mittwoch bestätigt. Die Türkei nehme auch nicht mehr an Besprechungen und Planungskonferenzen teil, wurde der Deutschen Presse-Agentur erklärt.

Washington misstraut Ankara

Hintergrund der Maßnahme sind Befürchtungen des Pentagon, dass Ankara die Aufklärungsergebnisse der Koalition für die Planung der eigenen Operationen gegen die Kurden im Norden Syriens nutzt. Bei der Mission gegen den IS werden täglich Daten durch Flugzeuge, Satelliten und Drohnen erstellt und geteilt.

Die deutsche Bundeswehr hat für die Weitergabe von Informationen, die mit Tornado-Aufklärern im Luftraum über Syrien gewonnen werden, seit dem Beginn des Einsatzes strengere Regeln. So wacht ein Offizier ("Red-Card-Holder") darüber, dass Aufträge an die Luftwaffe und die Weitergabe von Informationen nicht gegen das deutsche Mandat verstoßen. So soll auch verhindert werden, dass sich die Türkei Informationen über kurdische Stellungen verschafft.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schloss trotz massiven Drucks aus den USA und Europa eine Waffenruhe in Nordsyrien aus. Zugleich machte sich der Staatschef über den teilweisen Stopp der deutschen Rüstungsexporte lustig und griff Deutschlands Außenminister Heiko Maas persönlich an. "Wenn du etwas von Politik verstehen würdest, würdest du nicht so sprechen", sagte Erdogan an Maas gewandt, und bezeichnete ihn als "politischen Dilettanten".

Unmittelbar vor dem Besuch von US-Vizepräsident Mike Pence in Ankara erklärte Erdogan am Mittwoch, man werde nicht mit den Gegnern von der Kurdenmiliz YPG verhandeln. Die Türkei setze sich nicht mit "Terroristen" an einen Tisch. Mit Pence, den US-Präsident Donald Trump als Vermittler schickt, will er an diesem Donnerstag aber reden.

Trump über die Kurden: "Sie sind keine Engel"

Nach Vorwürfen, er habe die mit den Vereinigten Staaten verbündeten kurdischen Kämpfer in Syrien im Stich gelassen, hat  Trump diese erneut schlecht gemacht. Vor Reportern im Weißen Haus in Washington versicherte Trump am Mittwoch, auch nach dem US-Abzug aus Syrien seien die Kurden dort "sehr gut geschützt". "Nebenbei bemerkt, sie sind keine Engel", fügte Trump hinzu. Später warnte er noch vor der  in der Türkei aktiven Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Der US-Präsident wörtlich: Die PKK, die - wie Sie wissen - Teil der Kurden ist, ist vermutlich in vielerlei Hinsicht schlimmer beim Terror und eine größere terroristische Gefahr als der IS", 

Am Mittwoch vergangener Woche hatte Trump den US-Abzug aus Syrien damit gerechtfertigt, dass die jetzt von einer türkischen Militäroffensive betroffenen Kurden die USA schließlich nicht im Zweiten Weltkrieg und bei der Alliierten-Landung in der Normandie 1944 unterstützt hätten.

Am Montag warf Trump den Kurden vor, Anhänger der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) freizulassen, um die USA wieder in den Syrien-Konflikt hineinzuziehen. Außerdem verteidigte der US-Präsident sein Vorgehen in einem sarkastischen Tweet: Jeder könne Syrien dabei helfen, die Kurden zu schützen - "Russland, China oder Napoleon Bonaparte". Er wünsche ihnen gutes Gelingen. "Wir sind 7000 Meilen weit weg!" 

Putin und Erdogan treffen sich noch in diesen Tagen

Parallel wollte Russlands Präsident Wladimir Putin mit Erdogan bei einem persönlichen Gespräch klären, wie sich eine direkte Konfrontation syrischer und türkischer Truppen in dem Bürgerkriegsland vermeiden lässt.

Wegen der türkischen Militäroffensive flohen rund 500 syrische Kurden in den vergangenen vier Tagen in den Irak. Wie irakische Behördenvertreter am Mittwoch mitteilten, seien die Geflüchteten in Lagern in der autonomen Republik Kurdistan untergekommen. Die Region hatte bereits zwischen 2014 und 2017 Millionen Iraker aufgenommen, die während der Kämpfe gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) aus ihren Heimatregionen geflohen waren.