Bundeskanzler Sebastian Kurz verteidigte in der ZiB 2 am Freitag Abend die derzeitigen Bedingungen der EU an Großbritannien. "Es gibt keine Gewissheit, dass sich in London etwas ändert, aber es gibt einen neuen Anlauf", sagte Kurz. Was aber gelungen sei, ist zu verhindern, dass Ende März ein harter Brexit stattfindet.

Die EU-Staaten sind ihm zufolge gegen eine Verschiebung des Brexit bis nach der Europawahl im Mai. "Eigentlich waren alle Kolleginnen und Kollegen im (Europäischen) Rat einer Meinung, dass wir uns eine Verschiebung über die Europawahl hinaus nicht vorstellen können", sagte Kurz am Freitagabend in der ZiB2.

Chaos aus Großbritannien

In dem nach dem EU-Gipfel aufgezeichneten Gespräch bekräftigte Kurz sein Nein zu einer Teilnahme Großbritanniens an der EU-Wahl, weil damit das "Chaos aus Großbritannien (...) in die Europäische Union importiert" würde. Zu den Chancen, dass der Brexit-Deal im dritten Anlauf im Londoner Unterhaus angenommen wird, sagte der Kanzler: "Die Optimistischsten sagen, es ist 50:50. Wir müssen jedenfalls damit rechnen, dass es nicht durchgeht."

Die Folge wäre, dass es dann "spätestens am 12. April" einen weiteren EU-Gipfel gebe. Die Situation wäre ähnlich wie jene bei dem am Freitag zu Ende gegangenen Gipfeltreffen, allerdings "mit dem Unterschied, dass es wahrscheinlich zu einem Hard Brexit käme".

Keinen besseren Deal

"Die einzige Chance, die es gibt, ist, dass einzelne Abgeordnete verstehen, dass sie Theresa May unterstützen müssen, weil es keinen besseren Deal geben wird", sagte Kurz.

Eine weitere Verschiebung wird es aus Sicht von Sebastian Kurz allein schon deshalb nicht geben, weil Ende Mai die Europa-Wahlen stattfinden, "das Chaos aus Großbritannien würde dann in die EU hineingetragen - das kann sich keiner wünschen", so der Bundeskanzler.

"Sie versucht, Schaden gering zu halten"

Kurz verteidigte Theresa May als sehr klare und verlässliche Regierungschefin. Sie kämpfe dafür, den Schaden möglichst gering zu halten - aber sie habe eben keine Mehrheit im Parlament.

"Das einzige, was man ihr vorwerfen kann, ist, dass sie keine Mehrheit im Parlament hat", sagte der ÖVP-Chef. Ein Rücktritt Mays würde "noch größeres Chaos" bedeuten, so Kurz, der zugleich an die EU-Staaten appellierte, sich weiter "geduldig zu zeigen". Schließlich würde ein Hard Brexit auch in Europa und Österreich wirtschaftlichen Schaden anrichten.

May erhöhte im Tauziehen um den Brexit den Druck auf das Unterhaus. In einem Brief an die Abgeordneten hatte sie am Freitag damit gedroht, den umstrittenen Austrittsdeal nicht noch einmal zur Abstimmung zu bringen, wenn es keine ausreichende Unterstützung dafür gebe. Dies hätte einen ungeregelten EU-Austritt Londons am 12. April zur Folge.

Ungarische Fidesz

Zum Streit um die ungarische Fidesz erklärte Kurz, die Bedingungen der EVP an Viktor Orban seien der richtige Schritt gewesen. Er unterstütze dies. Orban habe eingelenkt, sich entschuldigt und seine Kampagne gestoppt.