"Sie war einst junger Pionier. Sie hat schon früher gut taktiert. Und danach auf Jungfrau Maria gemacht. Und uns jetzt ein Stückchen Scharia gebracht", singt er darin. Hallervorden reagiert damit auf die Entscheidung der Berliner Bundesregierung, auf Wunsch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan den Weg für ein gesondertes Strafverfahren gegen den Satiriker Jan Böhmermann frei zu machen. In seinem Liedtext heißt es auch: "Aus Plaste und Elaste ist ihr Rückgrat gemacht. Über den Diktator wird hier nicht mehr gelacht. Tschüss, Kunstfreiheit."

Böhmermann hatte Ende März in seiner Fernsehshow "Neo Magazin Royale" mit einem Schmähgedicht gegen Erdogan ein gewaltiges politisches Echo ausgelöst. Am Wochenende kündigte Böhmermann eine Fernsehpause an. Es gebe möglicherweise bedeutsamere Themen als die Diskussion um ein Gedicht, stand auf seiner Facebook-Seite am Samstag. "Darüber hinaus ist die Redaktion davon überzeugt, dass ein weiterer Song von Dieter "Didi" Hallervorden zum Thema unbedingt zu verhindern ist."

Jan Böhmermanns Verleger Helge Malchow plädiert für möglichst wenig Beschränkungen bei der künstlerischen Freiheit. "Ich bin der Meinung, dass eine freie Gesellschaft eine extrem weite Auslegung von künstlerischer Freiheit braucht", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). Natürlich könne man Böhmermanns Gedicht über den türkischen Präsidenten sexistisch oder rassistisch finden. "Aber das würde irgendwann zu einer Kunst führen, bei der freies Denken verboten wäre." Malchow warnte: "Dann gibt es nur noch puritanisches Sprechen, keine Ironie mehr, keine Satire, keine Kunst."

Malchow hat Böhmermanns Buch "Alles, alles über Deutschland: Halbwissen kompakt" im Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch auf den Markt gebracht und ist in der Vergangenheit mehrfach für seine Autoren wie Heiner Müller, Bret Easton Ellis, Maxim Biller vor Gericht gezogen, wenn es um die Freiheit der Kunst ging.

Böhmermann hatte in seiner satirischen ZDF-Show "Neo Magazin Royale" den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in dem Gedicht mit drastischen Worten angegriffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die deutsche Justiz am Freitag ermächtigt, gegen ihn zu ermitteln. Böhmermann hat angekündigt, eine Fernsehpause einzulegen. "Ich habe das Gefühl, dass ihn das emotional stark getroffen hat. Aber auch nicht umbringt", sagte Malchow der Zeitung.

Die EU-Kommission will sich nach der von der deutschen Bundesregierung erteilten Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen den TV-Comedian Jan Böhmermann nicht in das Verfahren einmischen. Ein Sprecher der EU-Kommission verwies am Montag in Brüssel auf die nationale Zuständigkeit.

Es gehe um ein "spezielles nationales Gesetz in einem speziellen nationalen Kontext", sagte der Sprecher. Der Fall müsse von einem deutschen Richter beurteilt werden. "Es ist nicht unsere Rolle, hier zu intervenieren", sagte der Sprecher. "Das soll besser auf nationaler Ebene bleiben."

Allgemein sei die freie Meinungsäußerung aber in der EU-Grundrechtecharta verankert. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte in dem Zusammenhang mit der Affäre auch kritisiert, dass die Türkei den deutschen Botschafter wegen der Satire einbestellt habe.