Die Hinrichtung des früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein hat unter der sunnitischen Bevölkerung wütende Protestaktionen ausgelöst.

Gewaltspirale. In Samarra wurde am Montagabend der Eingang zu einem Heiligtum der Schiiten aufgebrochen, anschließend trugen die Demonstranten eine Sarg-Attrappe mit einem Foto des Gehängten durch die Ruinen der Askariya-Moschee. Diese wurde bei einem Bombenanschlag der Sunniten im vergangenen Februar schwer beschädigt, was eine Spirale von Gewalt und Gegengewalt zwischen Sunniten und Schiiten zur Folge hatte.

Vergeltung. "Die Perser haben ihn umgebracht. Ich kann es nicht fassen. So wahr Gott will, wir werden Vergeltung üben", sagte ein Mann aus der nordirakischen Stadt Mossul. Mit "Perser" spielte er auf die schiitische Bevölkerungsgruppe an, die im Irak die Regierung stellt. Saddams Gefolgsleute gehören den Sunniten an. Die Auseinandersetzungen zwischen den Religionsgruppen haben den Irak in diesem Jahr an den Rand eines Bürgerkriegs gebracht.

Zorn gegen USA. Der Zorn über die Hinrichtung des 69-Jährigen, der am Samstag nach seiner Verurteilung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehängt worden war, richtete sich auch gegen die USA. "Das Einzige, was uns jetzt bleibt, ist uns an den Amerikanern und an der Regierung zu rächen", sagte ein weiterer Trauernder. Auch er verweilte am Grabmal, das mit einer irakischen Flagge überzogen war. Auf einem Stuhl stand ein Porträt des ehemaligen Machthabers, lächelnd und mit seinem charakteristischen Filzhut auf dem Kopf. In einem nahe gelegenen Raum diskutierten die Pilger bei Minztee und Kaffee miteinander. Oft fiel das Wort "Märtyrer" in Zusammenhang mit Saddam.

In Audscha beerdigt. Die Regierung hatte zunächst angedeutet, dass Saddams Leiche an einem unbekannten Ort begraben werden solle, damit dieser nicht zu einer Pilgerstätte würde. Aber nach Protesten von Saddams Volksstamm wurde der Leichnam mitten in der Nacht nach Tikrit geflogen und umgehend in Audscha beerdigt. Am Begräbnis selbst nahmen nur wenige Menschen teil. In anderen sunnitisch geprägten Stätten erinnerten die Bewohner am Sonntag mit symbolischen Beerdigungen an den einstigen Machthaber.